Der Mensch im Mittelpunkt. Die Innovationen im Werkzeugbau zwischen Ökonomie und Ökologie

Der Mensch im Mittelpunkt. Die Innovationen im Werkzeugbau zwischen Ökonomie und Ökologie

Automatisierung, Digitalisierung, Künstliche Intelligenz: Die Herausforderungen des Maschinen- und Werkzeugbaus waren in den letzten Jahren durchaus mannigfaltig. Aber dies waren bei Leibe nicht die einzigen Aufgaben: Die Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Bedeutung, und der Maschinen- und Werkzeugbau muss sich im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ökologie verorten. Gleichwohl wäre es falsch, diese Spannung als ein Gegeneinander aufzufassen, vielmehr kann und sollte der Druck als Initial für innovative Veränderungen aufgenommen werden, so ein Kredo des jüngsten Praxisforum Werkzeugbau des Verbands Deutscher Werkzeug- und Formenbauer (VDWF)  und der WBA Aachener Werkzeugbau Akademie an der Hochschule Schmalkalden.

Das Motto des Tages mit seinem umfänglichen Programm war: „Der Mensch steht im Mittelpunkt. Die Bedürfnisse von Menschen, ihr Komfort und ihre Interessen sind ein antreibender Motor der Innovationskraft des Maschinen- und Werkzeugbaus in seinen verschiedenen Facetten. Den Alltag bequemer zu machen zählt hier ebenso dazu wie Produkte besser und ökologischer sowie kostengünstig und daher allgemein verfügbar anzubieten. Um diese Ziele zu erreichen, können Instrumente wie die Künstliche Intelligenz helfen.

Die Nachhaltigkeit erhielt in den letzten Jahren mehr und mehr Bedeutung. Gerade weil der Klimawandel und seine Folgen immer deutlicher zutage treten und ins gesellschaftliche Bewusstsein rücken, richten sich Forderungen an die Politik und die Wirtschaft. Allerdings trifft diese Entwicklung den Maschinen – und Werkzeugbau keineswegs unvorbereitet: Der sorgsame Umgang mit Materialien, Rohstoffen und Energieträgern war schon immer geboten und ein wichtiger Aspekt von Entwicklungen und Innovationen, von Hochschulen angewandter Wissenschaften, forschenden Unternehmen und ihren gemeinsamen Kooperationsprojekten.

Gastgeber der Veranstaltung war die Angewandte Kunststofftechnik der Hochschule Schmalkalden, wobei Prof. Dr. Thomas Seul, Inhaber der Professur für Fertigungstechnik und Werkzeugkonstruktion an der HSM und Präsident des VDWF, auch die Aufgabe der Begrüßung übernahm. Hier griff er das Motto „Der Mensch steht im Mittelpunkt“ auf und machte zugleich deutlich, dass auch die Studiengänge Menschen, also engagierte und interessierte Studierende, bräuchte. Um all die technologischen, ökonomischen und ökologischen Herausforderungen angehen zu können, bedarf es gut ausgebildete Problemlöser: Gerade anwendungsnahe ingenieurwissenschaftliche Studiengänge wie die Kunststofftechnik vermitteln im Rahmen des Bachelor- und Masterstudiums Fertigkeiten und Fähigkeiten, die die zukünftigen Ingenieure und Ingenieurinnen in die Lage versetzen, innovative Antworten auf komplexe Herausforderungen zu finden.

Aussstellung und Austausch im Foyer

Innovationen, Rezyklate und ökologische Potentiale

Die thematische Ausrichtung der Treffpunkte wechselt mit dem Ort der Veranstaltung, und in Schmalkalden steht traditionellerweise der Spritzguss im Fokus. In den verschiedenen Vorträgen des Tages wurden unterschiedliche Aspekte der Nachhaltigkeit verhandelt: Die Frage war unter anderem, wie wir Rezyklate optimal nutzen, Kreisläufe schließen oder den Energiebedarf gemäß ökologischer Imperative decken können.

Den Anfang machte Frank Schockemöhle von dem Unternehmen Pöppelmann, der sich mit dem Thema «Reduzierung der Treibhausgasemission durch Einsatz von Rezyklaten» befasste. Das Familienunternehmen aus Lohne hat eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft ihrer Produktion und Produkte ins Visier genommen und eine mehrstufige Strategie zur Umsetzung konzipiert. Es versteht sich von selbst, dass der Lebenszyklus von Kunststoffen maximiert werden sollte, werden diese Materialien doch in aufwändigen Verfahren gewonnen. Ein Ansatz ist dabei, Kunststoffe zu recyceln und wieder in den Kreislauf zu überführen, wobei auch die EU den Unternehmen aufgibt, entsprechende Mengen an postconsumer-Material, das in anderen Worten schon einmal genutzt wurde, einzubringen. Probleme sind dabei der Aufwand der Aufbereitung und die eingeschränkten Möglichkeiten der Wiederverwendung. Die Wiederverwertung wird umso aufwändiger, je mehr Materialien, also unterschiedliche Kunststoffe oder andere Materialien wie Papier und Metall Verwendung finden. Etiketten oder die Aluminiumdeckel bei Joghurtverpackungen sind hier bekannte Beispiele. Je sortenreiner also ein Objekt ist, umso einfacher die Wiederverwertung: Wichtig ist, dies schon beim Produktdesign selbst zu bedenken. Zum anderen Problem: Zum einen eignen sich natürlich Rezyklate nicht für alle Anwendungen, bleiben doch zumeist Restbestände an farblichen und olfaktorischen Beimengungen. Viele andere Bereiche, in denen zum Beispiel kein direkter Kontakt mit dem Produkt besteht, könnten Rezyklate verwendet werden, dürfen es aber aufgrund der momentanen Gesetzeslage nicht. Hier gäbe es also Stellschrauben. Durch ein konsequentes Design for recycling und eine Anpassung bestimmter Normen ließen sich die Treibhausgasemissionen noch weiter senken. Andere Wege zur Senkung von Emissionen sind die Reduzierung des Materials und die Etablierung echter Kreislaufsysteme von Rohstoffen.

Die Aachener Werkzeugbau Akademie (WBA) ist in den Feldern Beratung, digitale Lösungen, Weiterbildung und Forschung speziell für den Werkzeugbau aktiv. Dr. David Welling, der Geschäftsführer der WBA, arbeitete in seinem Vortrag „Der öko-effektive Werkzeugbau – ökologisch notwendig und ökonomisch erfolgreich “ den Nutzen von Nachhaltigkeitsinitiativen heraus. Zunächst ging es ihm um eine Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Situation des Werkzeugbaus, die sich nicht anders als eine multiple und anhaltende Krise bezeichnen lässt. So träfe eine Strategie- auf eine Erfolgskrise, woraus am Ende eine Liquiditätskrise folgen könne. Die Krisenhaftigkeit zeige sich auch an wichtigen Indikatoren wie einer sinkenden durchschnittlichen Marge, einer stagnierenden Wertschöpfung pro Mitarbeitenden und einer sinkenden Quote von Aufträgen ohne Budgetüberschreitung (ab 2019). Neben die ökonomischen Herausforderungen träten nun noch ökologische, wobei Dr. David Welling dafür plädierte, beide Aspekte gemeinsam zu lösen. Der ökologische Druck besteht nicht nur aus der Selbstverpflichtung der EU zur Klimaneutralität und den entsprechenden Maßnahmen, sondern auch aus den Strafen für nichtgemeldete CO2-Emissionen, Berichtspflichten und Nachhaltigkeitsanforderungen. Der Ansatz der Öko-Effektivität zielt darauf, Herausforderungen auf beiden Feldern mit einer Lösung zu begegnen, also beides zusammenzudenken und produktiv zu nutzen. Zum Beispiel regen die hohen Energiekosten zu einem noch effizienteren Produzieren an, was wiederum die Treibhausgasemissionen senkt.

Blick ins Auditorium

Karosserien und Schäume

Klaus Sammer, Leiter Werkzeugbau, Instandhaltung und Vorentwicklung der Leichtmetallgießerei, und Thomas Kopp gaben einen Einblick in die Entwicklungen beim Karosseriebau bei BMW Landshut: Bei dem Karosseriebau war die Herausforderung schon immer, komplexe und zugleich große Bauteile effizient herzustellen. Das Verfahren des Aluminium-Druckgusses wurde hierbei immer mehr verfeinert: Die in Landshut vor Kurzem entwickelte Mehrplatten-Technologie[i] erlaubt, bei der Konstruktion der Komponenten den Primat von der Optimierung des Fließwegs hin zur Funktionalität zu verlegen. Zugleich lassen sich so Material und Gewicht einsparen, was wiederum zu Einsparungen bei den Emissionen führt. Eine weitere Herausforderung, vor die in der momentanen Lage vermutlich alles Gießereien und Schmelzen stehen, sind die hohen Energiekosten. Durch diesen Druck bietet sich eine Umstellung auf nachhaltige Rohstoffe wie Solarenergie und grünen Wasserstoff an, was wiederum dem Ansatz der Öko-Effektivität entspricht. Natürlich entstehen wiederum Folgeprobleme wie unterschiedliche Temperaturen beim Verbrennen, die Korrosion durch das anfallende Wasser und höheren Verbräuche im Vergleich zum Erdgas: Aufgabe ist es dann, Erfahrungen mit den neuen Verfahren zu sammeln und Lösungen für eventuelle Probleme zu finden. Auch die Elektromobilität ist in diesem Sinne eine Herausforderung, die zu Innovationen anregt: Die Karosserien müssen nun noch komplexer werden und mehr Funktionen integrieren, was wiederum neue Verfahren ihrer industriellen Produktion verlangt. Die Serienfertigung zieht zudem weitere Anforderungen von der Kosteneffizienz bis hin zur Klimabilanz nach sich. Das jüngst vorgestellte „Injector Casting“[ii] Verfahren der Leichtmetallgießerei aus Landshut könnte eine innovative Lösung sein.

Eine andere innovative Möglichkeit zur Einsparung an Material im Kunststoffspritzguss ist das Schäumen. Neben diesem Aspekt bietet dieser Ansatz auch andere Vorzüge, auf die Uwe Kolshorn vom Kunststoff-Instituts Lüdenscheid in seinem Vortrag „Die <andere Denke> beim Kunststoffschäumen – geringere Drücke, Aluwerkzeuge und längere Fließwege, was will man mehr!?“ hinwies. Zunächst sind Schäume keine komplett neuen Bauformen, sondern orientieren sich an den zellularen Formen der Natur. Zugleich ist Schaum nicht gleich Schaum: Verschiedene Materialien und Herstellungsverfahren führen zu unterschiedlichen Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten. Die grundsätzlichen Vorteile des Schäumens beim Spritzguss sind die geringere Viskosität des Materials (Zähflüssigkeit) und der Verzicht auf den Nachdruck, entsteht der Druck doch im Inneren – eben durch das Aufschäumen. Somit werden unter anderem eine schnellere Füllung und niedrigere Temperaturen des Materials und des Werkzeugs, möglich. Wichtig ist es, bei der Konstruktion der Komponenten bereits die Charakteristika des Schaums im Blick zu haben und die gebotenen Vorteile zu nutzen. Zugleich hat die Verwendung von Schaum auch gewisse Nachteile, mit denen umgegangen werden muss. Beispiele sind die typischen Randausprägungen in Kissenform oder Schlieren auf der Oberfläche. Je nach Anwendungssituation lassen sich hier unterschiedliche Lösungsansätze finden.

Unternehmensführung bei Formconsult in Schmalkalden

Bewegte Zeiten

Christen Merkle, Geschäftsführer von AHP Merkle, zeichnete in einem lebendigen Vortrag mit dem Titel „Was mich bewegt.“ ein Bild der Situation, in der sich kleine und mittlere Unternehmen wie der Spezialist für Zylinder aus dem baden-württembergischen Gottenheim momentan befinden. Neben der schwierigen Lage der Wirtschaft beschäftigen die Unternehmer der schlingernde Kurs der Politik und der Wandel gesellschaftlicher Einstellungen. Unternehmerische Entscheidungen, zum Beispiel Investitionen, brauchen aber langfristige Planbar- und Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen, zum Beispiel der Wirtschaftspolitik. Hier gebe es, vorsichtig formuliert, Verbesserungspotentiale. Die Krisenhaftigkeit der Zeit und die Strukturprobleme wie der Fachkräftemangel beiseite präsentierte sich Christen Merkle als leidenschaftlicher, in der Region verwurzelter Familienunternehmer, der sich seiner sozialen und ökologischen Verantwortung bewusst ist. Ein Beispiel der Vorzüge einer solchen langfristigen Orientierung zeigte sich in der Pandemie: Merkle verzichtete auf Maßnahmen wie Kurzarbeit und setzte auf Forschung und Entwicklung, von der das Unternehmen nun mir erfolgreichen Produkten profizieren kann.

Den letzten Input gab dann Stephan Hoffmann, Geschäftsführer der Formconsult Werkzeugbau GmbH aus Schmalkalden, dessen Vortrag in eine Firmenbesichtigung mündete. Das Unternehmen stellt hochpräzise Werkzeuge her und hat sich auf Mehrkomponenten- und Zweifarbentechnik spezialisiert. Der innovative Werkzeugbau beruhe auf drei Säulen, wobei die Entwicklung, Konzipierung und die Simulierung erste Säule wäre. Neben der Kooperation mit Partner wie der HSM und der GFE sorge hierbei auch die Unterstützung von Start-Ups für die Freisetzung innovativer Potentiale. Die zweite Säule besteht im Werkzeugbau selbst, seiner Spezialisierung und der Fertigung. Aspekten der Nachhaltigkeit könne hier genüge getan werden, indem bei den Produktionsstätten auf Energieeffizienz und die Nutzung erneuerbarer Energien – wo möglich – zurückgegriffen werde, sei es durch Solarpanels oder die Klimatisierung über hocheffiziente Wärmepumpen. Die dritte und letzte Säule ist das Technikum, was der Qualitätssicherung dient. Bemusterung, Vermessung und u.a. die Dokumentation sollen neben einer beständigen Zertifizierung die Qualität der Produktion und der Produkte garantieren.

Gruppenbild im Foyer des Hauptgebäudes (© Fabian Diehr/wortundform)

Das Resümee der Veranstaltung legt einen Blick auf den Anfang der Veranstaltung nahe, also die Begrüßungsworte von Prof. Thomas Seul: Sein Plädoyer war die konstruktive Zusammenarbeit von Hochschulen für angewandte Forschung und Unternehmen. Durch diese Kooperation könnte die Expertise der akademischen Forschungsbereiche genutzt werden und so letztlich beide Seiten profitieren. Eine andere Möglichkeit der Zusammenarbeit sind übergreifende Netzwerktreffen wie das Praxisforum, das von Partner aus der Wirtschaft (FDU Hotrunner, HoliMaker, Meusburger, Moulding Expo, Partool und Process Garding) gesponsert und somit in dieser Ausrichtung dankenswerterweise möglich gemacht wurde.

PS: Der Bericht zum vorherigen VDWF-Treffpunkt Werkzeugbau


[i] https://www.aluminium-journal.de/druckguss-bmw-setzt-auf-mehrplatten-werkzeugtechnik

[ii] https://www.bmwgroup-werke.com/landshut/de/aktuelles/2023/erster-guss-in-neuer-high-tech-leichtmetallgiesserei.html

Der 3.E-Science Day an der Hochschule Schmalkalden

Der 3.E-Science Day an der Hochschule Schmalkalden

Zum nunmehr dritten Mal wurde von der Fakultät der Elektrotechnik zum E-Science Day geladen. Ziel dieser Veranstaltung ist es zunächst, einen Überblick über die Forschungsaktivitäten an der Fakultät, also über unterschiedliche aktuelle Themen und Projekte, zu geben. Zudem werden Kooperationspartner aus der Wirtschaft und von wissenschaftlichen Institutionen eingeladen und können sich vorstellen. Ferner besteht der Zweck des E-Science Days darin, die Öffentlichkeit von der Schmalkalder Stadtgesellschaft bis hin zu jungen Menschen, die gerade auf der Suche nach einem passenden Studiengang sind, aufmerksam und neugierig auf die Forschungsthemen und -vorhaben zu machen.

Messstationen, Künstliche Intelligenz und Computerchips

Nach der Begrüßung durch die Professoren Roy Knechtel und Silvio Bachmann im Namen der Fakultät Elektrotechnik wurde der erste Vortrag von Professor  Martin Schreivogel gehalten, der an der HSM die Professur für die Grundlagen der Elektrotechnik innehat. Dieser nutzte die Gelegenheit nicht nur dazu, kurz in das Thema der Gassensorik einzuführen, sondern auch, ein Projekt zur Luftgütevermessung via kompakter Messboxen vorzustellen. Das zu lösende Problem war die Ermittlung der Luftgüte in Innenstädten: Anstelle von punktuellen Messungen ist es für eine Beurteilung zweckmäßiger, über viele, im Stadtraum verteilte Messstationen ein detailliertes und dynamisches Bild der Verteilung zu erhalten, also die Luftströme und die Effekte der städtischen Architektur mit in Betracht zu ziehen. Hierfür waren ebenso viele technische Herausforderungen der Sensorik insbesondere hinsichtlich der Kompaktheit der Geräte sowie die Kosteneffizienz zu meistern, die eine Vielzahl solcher Stationen erst möglich macht. Zudem umriss Martin Schreivogel ein aktuelles Vorhaben, das in der Optimierung bereits laufender Wasserstoffanlagen besteht. Eine der zentralen Aufgabe der Energiewende ist die Speicherung und der Transport von Energie, und eine Lösung dafür ist die Transformation in Wasserstoff. Die Forschungsfrage ist nun, wie sich die Prozesse der Elektrolyse unter Realbedingungen optimieren lassen.

Im Anschluss gaben Professorin Maria Schweigel, Inhaberin der Professur für autonome Systeme, und Lisa Schneeweiß einen Einblick in den aktuellen Forschungsstand des Projektes BauKIRo. Dieses Forschungsvorhaben findet in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl FAPS der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) über eine industrielle Gemeinschaftsforschung mit dem Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein E.V. (DBV) statt und wird vom BMWK gefördert. Die Idee hinter dem Projekt ist digitale Herstellung von Bauplänen, für deren Vermessung nicht nur Drohnen, sondern auch Applikationen genutzt werden, die auf künstliche Intelligenz zurückgreifen. Ein Zwischenergebnis besteht in der Notwendigkeit, die Drohnen, die den Baufortschritt prüfen und dokumentieren sollen, auf die spezifische Umgebung sich im Bau befindlicher Gebäude anzupassen. Hierbei geht es zum Beispiel um die Gefahr, die von herumhängenden Kabeln verursacht werden. Ein anderes Problem ist die Datenverarbeitung der Bilder, wodurch fehlerhafte Punktwolken entstehen können. Somit hat die Forschung neue Aufgaben, ihren Ansatz anzupassen und zu optimieren.

Über das von der Carl-Zeiß-Stiftung geförderte Projekt „Material innovations for wafer-level packaging technologies“ informierte Professor Roy Knechtel, Inhaber der Professur für Autonome Intelligente Sensoren. Dieses Verfahren bietet die Möglichkeit, im Vergleich zur klassischen Herstellung kleinere und kosteneffizientere integrierte Halbleiterbauelemente herstellen zu können. Üblicherweise werden die dünnen Siliziumscheiben, die Wafer, zunächst getrennt und im Anschluss in einem komplexen Prozess mit einem Umgehäuse und elektrischen sowie Montageanschlüssen versehen. Im „wafer-level packaging“-Verfahren indes werden die Komponenten schon auf dem Wafer selbst aufgebracht und eingehaust. Durch diese 3D-Integration lassen sich noch kleinere, leistungsstarke Chips herstellen, wie sie zum Beispiel für Smartphones der neueren Generationen Verwendung finden. Ein anderes Beispiel eines solchen Chips sind die Infrarot-Sensoren der Smartwatch eines namhaften Herstellers. In dem Forschungsprojekt ergeben sich zugleich enge Kooperationsmöglichen mit der Materialwissenschaft und den technischen Möglichkeiten von 3D-Druck-Systemen.

Den Abschluss des ersten Blocks machte dann der Vortrag Norbert Greifzus vom Team der „Eingebetteten Diagnosesysteme (EDS)“. Er stellte eine Kooperation zwischen der Elektrotechnik und dem Maschinenbau vor, bei dem es um den Einsatz künstlicher Intelligenz bei Verfahren des Spritzgusses geht. Kurzum können verschiedene Sensordaten und speziell trainierte Programme dabei helfen, fehlerhafte Teile zu prognostizieren und so rechtzeitige Eingriffe in die Fertigung vorzunehmen, um diesen Ausschuss zu vermeiden. Hier werden unter anderem Messungen von Temperatur und Druck verwandt und auf Basis der Verläufe vieler vorheriger Messungen bewertet. Wichtig ist hierbei zugleich, dass die Modelle der künstlichen Intelligenz das Zustandekommen ihrer Beurteilung transparent machen, um so letzter die Akzeptanz bei den Nutzenden zu erhöhen. Dies wäre zum Beispiel über eine graphische Ausgabe von Markierungen an Verlaufskurven der Temperatur oder des Drucks möglich.

Infrarotsensoren, Mikrostrukturen und 3D-Drucker

Der zweite Teil des E-Science-Days wurde mit einem online-Vortrag von Rachel Gleeson vom belgischen Unternehmen Melexis eingeläutet. Sie kooperiert in ihrer Forschung mit dem in Erfurt ansässigen Unternehmen X-FAB sowie mit Roy Knechtel. In ihrem Beitrag konturierte sie zunächst die Breite der Anwendungsmöglichkeiten von miniaturisierten Infrarotsensoren, denen über die Messung der thermischen Strahlung die präzise berührungslose und somit schnelle Ermittlung von Temperaturen möglich ist. Dieser Auffächerung zuvor ging ein Blick auf die Komplexität der Integration der Komponenten in eines Mikro-Elektro-Mechanischen Systems (MEMS) bei einer gleichzeitigen Minimierung des Platz- und Stromverbrauchs. Wichtig ist hierbei zu beachten, dass es unterschiedliche Infrarotsensoren für verschiedene Anwendungen gibt, zum Beispiel unterscheiden man Sensoren für punktuelle Messungen und bildgebende Sensorarrays. Je nach Anwendungsfeld unterscheiden sich auch die Ansprüche an Präzision: So nimmt sich die erforderte Exaktheit auf dem Gebiet medizinischer Anwendungen um einiges höher aus, als bei Produkten für Konsumenten wie zum Beispiel Fitnesstrackern oder Heimelektronik.

Die Infrarotsensoren finden in unserer Gegenwart bereits breite Verwendung: Zum einen in Geräten wie Smartphones und -watches, die so die Körpertemperatur ermitteln können. Damit ist die Health-Tech ein relevantes Anwendungsfeld, das noch an Bedeutung gewinnen wird. Ein zentraler Pluspunkt in diesem Bereich medizinischer Anwendungen ist, dass die Temperaturmessung ohne direkten Kontakt funktioniert. Andere Gebiete sind zum Beispiel die wärmesensorische Vermessung von Gebäuden, was unter anderem dem Auffinden von Stellen dient, an denen Wärme verloren geht. Ein Nebeneffekt der Vermessung über Infrarotsensoren ist, dass sie ihre Daten anonymisiert erheben, sind doch Personen detektier aber nicht identifizierbar. Dies macht die Sensoren auch für die Überwachung und Automation von Gebäuden nützlich, wie zum Beispiel bei der smarten Steuerung von Licht- oder Heizungsanlagen, die z.B. in Bürogebäuden Anwendung findet.

Stephanie Lippmann forscht an der Friedrich-Schiller-Universität Jena zu Themen der Materialwissenschaften und hat hier zurzeit eine Vertretungsprofessur für metallische Werkstoffe am Otto-Schott-Institut für Materialforschung inne. Grundsätzlich widmet sie sich Aspekten der Metallphysik, genauer thermodynamischen und kinetischen Prozessen bei mikroskopischen Strukturveränderungen der Werkstoffe während Zustandsänderungen, sogenannten Phasen­umwandlungen. Die Thermodynamik befasst sich zunächst als Teilgebiet der Physik mit Fragen der Umwandlung und Änderung von Energie innerhalb eines oder mehrerer Systeme.

Die Kinetik betrachtet die Zeitabhängigkeit, also die Geschwindigkeit, dieser Umwandlungsprozesse. Im Fokus von Stephanie Lippmanns Forschung wiederum stehen die mikrostrukturellen Prozesse in metallischen Legierungen bei besonders schnellen Phasenumwandlungen, also wenn z.B. eine Schmelze erstarrt, aber auch bei Festkörperphasenübergängen während rascher Wärmebehandlungen. Den Prozessen dieser „rapid phase tranformations“ im Material versucht sie mittels einer spezifischen Testanlage und unter besonderen Konditionen nachzugehen, die eine sehr schnelle Erhitzung und Abkühlung der Testobjekte bietet. Um diese Umwandlungsprozesse genauer zu verstehen, verwendet Stephanie Lippmann die thermo-kinetische Modellierung, mit dem Ziel, die Materialstruktur, das sogenannte Gefüge, gezielt anhand der Zusammensetzung und der Wärmebehandlung einstellen zu können. Über die Steuerung des Gefüges ist es schließlich möglich, die Eigenschaften einer Legierung für die gewünschte Anwendung zu optimieren. 

Für die Elektrotechnik ist diese Forschung der benachbarten Disziplin gerade deswegen so relevant, weil solche strukturellen Umwandlungsprozesse auch bei der Herstellung und Qualifizierung von mikroelektronischen Schaltkreisen auftreten. Ein grundlegenderes Verständnis hilft unter anderem auch die Ursachen von Mängeln im elektronischen Bauteil zu verstehen. Da in den zunehmend komplexeren, und weiter miniaturisierten Objekten die Anforderungen an die Reinheit und Zuverlässigkeit der verwendeten metallischen Komponenten immer weiter steigen, ist es hier zentral, voneinander zu lernen. Zu diesem Zweck wurde im Rahmen des bereits vorgestellten Projekts „Material innovations for wafer-level packaging technologies“ eine Kooperation zwischen Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Hochschule Schmalkalden auf den Weg gebracht.

Den offiziellen Teil des E-Science-Day abrunden durfte Martin Hedges von der Neotech AMT GmbH aus Nürnberg, wobei die Abkürzung für Advanced Manufacturing Technologies for 3D Printed Electronics steht und sich das Unternehmen entsprechend vor allem im Bereich des 3D-Drucks von komplexen elektronischen Bauteilen einen Namen gemacht hat. Durch diese Expertise ergab sich auch die Kooperation mit der elektrotechnischen Fakultät und mit Roy Knechtel. Wie dieser schon in seiner einführenden Vorstellung klarmachte, ist eine Vision in der Elektrotechnik, ein Gerät zu haben, dass vollständige elektronische Bauteile wie Schaltungen herstellen kann. Die 3D-Drucker, die Neotech entwickelte, kommen diesem Ziel schon recht nahe.

Der 3D-Druck von elektronischen Bauteilen hat allen voran den Vorteil, ein schnelles und günstiges Prototypingverfahren  zu sein und zugleich eine Vielfalt an möglichen Formen zu gestatten. Hierbei kommt hinzu, dass die 3D-Drucker von Neotech verschiedene Verfahren des 3D-Drucks als Funktionen bieten und sich so die Anwendungsbreite durch die Kombination noch deutlich steigern lässt. Ein Beispiel der neuen Möglichkeiten war die Herstellung einer Glühbirne: Bei üblichen Glühbirnen sind neben den Materialien, die das Produkt bei der Herstellung bedarf, auch die Ressourcen einzupreisen, die das Recycling verlangt. Der 3D-Druck lässt es hier zu, beide Enden bereits im Design zu bedenken und so nachhaltige Lösungen zu ermöglichen.

Im kleineren Rahmen wurde im Anschluss in den Räumen der Fakultät Elektrotechnik die Einweihung eines solchen 3D-Druck-Systems feierlich begangen, an dem Forschenden nun den Möglichkeiten und Grenzen dieser Herstellungsverfahren nachgehen werden. Ziel ist es gemäß der Vision, eine rein additive Herstellungsweise zu entwickeln, die es erlaubt, ganze elektronische Bauteile wie Sensoren zu produzieren. Möglich machte dies eine Förderung von der Europäischen Union.

Künstliche Intelligenz – Potentiale und Hürden in der Anwendung

Künstliche Intelligenz – Potentiale und Hürden in der Anwendung

Der Begriff „Künstliche Intelligenz (KI)“ kann, je nach sozialer Prägung, bei jedem Leser oder Leserin eine andere Assoziation auslösen. Je nach Alter, Interessen oder auch technischer Begeisterung kann sich der ein oder andere an unterschiedliche Computerspiele, Filme oder auch Bücher mit verschiedenen Arten an KI aus seiner Kindheit erinnern. Somit tragen Science Fiction oder allgemeiner die Kulturindustrie jeder Dekade ganz eigene Bilder artifizieller Intelligenz: Ob wir an das sprechende Auto „KITT“ aus der Knight Rider, selbst steuernde Raumschiffe oder humanoide Roboter, wie „Data“, aus der Serie Star Trek oder an künstlichen Neuronalen Netzen (KNN), Deep Learning (DL) oder ChatGPT als Large Language Model (LLM) denken, kann man nur schwer, durch aufwendige Umfragen oder persönliche Gespräche herausfinden. In vielen Narrativen unserer Gegenwart kommt noch die Tendenz einer globalen Dominanz hinzu, die Seitens autonom agierender Roboter, Programme oder Netzwerke ergriffen oder zumindest angestrebt wird. Dies mag einen Grund in der steigenden Verbreitung smarter Geräte und der umfassenden Digitalisierung sowie der Abhängigkeit unserer Alltagsroutinen von diesen Technologien haben. All diesen Bildern der Künstlichen Intelligenz ist dabei gemein, dass sie zu der realen Version nur überschaubar viele Parallelen aufweisen.

In der banalen Wirklichkeit verliert die KI zwar viel von den popkulturellen Etiketten zwischen Idealisierung und Dämonisierung, sie gewinnt aber zugleich an praktischen Nutzen. Um zu verstehen, was Künstliche Intelligenz ist, worin ihre Potentiale und Schwächen im Allgemeinen wie im Besonderen liegen und was letztlich ihr Nutzen ist, muss also zunächst von den Zerrbildern Abstand genommen werden, auch wenn sie sich durchaus als Einstieg in Ausführungen wie diese eignen.

Künstliche Intelligenz (KI)

Künstliche Intelligenz lässt sich am ehesten als ein Werkzeug beschreiben, das bei der Verarbeitung von Daten den Menschen Hilfestellung leisten soll. Der Bereich der KI ist eine Untergruppe aus dem Forschungsgebiet des Maschinellen Lernens (ML). Beide Begrifflichkeiten lassen sich meist nicht scharf von einander trennen und gehen fließend in einander über. Für beide Themenkomplexe kann jedoch gesagt werden, dass in der Vergangenheit die Herausforderungen in den Fragestellungen „Wie komme ich an Daten?“, „Welche Sensoren kann ich einsetzen?“ oder „Wie kann ich diese Daten auswerten?“ zutreffend waren. Die aktuellen Fragestellungen gehen eher in die Richtung: Wie kann ich diese Mengen an Daten komprimieren, auswerten oder die Entscheidung nachvollziehen? Hier kommen dann Begrifflichkeiten wie z.B. Big Data, Dimensionsreduktions-Algorithmen oder erklärbare KI (englisch explainable artificial intelligence (XAI)) zum Einsatz.

Das Forschungsgebiet der großen Datenmengen (Big Data) ist ursächlich aus der großen Verbreitung an Sensorik oder Informationsquellen entstanden. Heutzutage besitzen fast alle Menschen auf der Welt eine Smart Phone oder PC. Infolge der Möglichkeit, kostengünstige Mikroelektronik oder Sensorik herzustellen, gibt es eine Unmenge an potentiellen Datenquellen, welche die Menschen bei einer Auswertung oder Bewertung überfordern können. Hierfür müssen effiziente und schnelle Algorithmen entwickelt werden, welche es dem Menschen in annehmbarer Zeit ermöglichen, komplexe Zusammenhänge in den Daten zu erkennen und auch verstehen zu können. Die somit entstehenden komplexen Programme sind durch die hohe Rechenleistung in der Lage, Daten maschinell zu erfassen, Muster und Strukturen sowie unter anderem Synchronitäten, Parallelen und Divergenzen von Prozessen zu erkennen und zu verknüpfen. So lassen sich mehr und mehr Informationen aus den großen Beständen an Daten ziehen und für nachlaufende Erklärungen, tiefere Verständnisse des Gegebenen und vorlaufende Abschätzungen der möglichen Zukunft nutzen. Gerade weil die Vermessung unserer Welt durch Sensoren in Geräten z.B. Smartphones oder auch modernen Automobilen immer weiter voranschreitet, wächst ein Fundus an Wissen, der produktiv genutzt werden kann.

Zugleich ist es angebracht, nicht von der einen Künstlichen Intelligenz zu sprechen, sondern dies eher als Sammelbegriff verschiedener, teils recht unterschiedlicher Formen von KI zu verstehen. Künstliche Intelligenz umfasst diverse Verfahren der Datenverarbeitung, die sich für unterschiedliche Kontexte, Fragenstellungen und Materialien eignen. Es verhält sich also so wie bei vielen anderen angewandten Wissenschaften: Es gibt nicht ein generelles Verfahren, sondern verschiedene Ansätze mit unterschiedlichen Charakteristika. Zum Beispiel können KI-Modelle, die sich für Bildererkennung eignen, nicht für Sprachprogramme wie Chat GPT verwendet werden.

Damit ist auch schon eine Schwäche in der Nutzung von KI angesprochen: Nicht alle Modelle eignen sich für jede Anwendung. In anderen Worten muss für die Aufgabe, gerade wenn sie einem speziellen Zweck dient, zunächst das passende Verfahren gefunden und mit passenden Daten angelernt, getestet oder nachtrainiert werden. Die Nutzung der KI-Modelle ist demzufolge keine one-fits-all-Lösung, sondern bedingt einen Anpassungsprozess. Für manche Aufgaben eigen sich z.B. Unscharfe Regelwerke (Fuzzy Modelle), Support Vektor Maschinen (SVM) oder künstliche neuronale Netze, welche sich an der Funktionsweise des Informationsaustausches zwischen menschlichen Nervenzellen anlehnen.

Bilder und Werkzeuge

Die Komplexität dieser Anpassung könnte an Komplikationen bei der Bilderkennung klarer werden, wobei hier noch ein epistemologisches Problem auftritt. Digitale Bilderkennungsverfahren arbeiten mit zweidimensionalen Objekten, denen also die räumliche Tiefe fehlt. Diese muss gewissermaßen als Vorder- und Hintergrund wieder in das Bild hineingelesen werden: Die Dreidimensionalität, die distinkten Objekte und selbst der Fokus müssen demnach erst erarbeitet werden. Was die Programme vor Herausforderungen stellt, ist dem Menschen schon in seinem Zugang zur Welt quasi natürlich gegeben. Gerade weil die eigentliche Objekterkennung und -unterscheidung fundamentale Aufgaben sind, können hier spannende Probleme entstehen: Ein gerne gebrachtes Beispiel ist die aus der Literatur bekannte Methode der One-Pixel-Attack[1]. Hier kann die maschinelle Bewertung durch ein Bilderkennungsalgorithmus, durch die Änderung eines einzigen Pixels in einem Pferdebild zu einer Fehlklassifikation zu ein Frosch führen. Die Funktionsweise der KI-Modelle ist also noch nicht perfekt, auch wenn sich ihre Güte – man denke nur an die Gesichtserkennung von Smartphone-Kameras – in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert hat.

Was meint es nun, von der Künstlichen Intelligenz als Werkzeug in der Industrie zu sprechen? Stellen wir uns einen Produktionsprozess von Plastikteilen vor: Wir haben auf der einen Seite die vielen kleinen Plastikkügelchen am Anfang, die aufgeschmolzen und in eine bestimmte Form gebracht werden, um zum Ende als gefertigtes Teil aus der Maschine entnommen zu werden. Was zunächst wie ein idealer, unendlich wiederholbarer Vorgang erscheint, hängt im Alltag der Produktion von vielen Faktoren ab. Die Erfahrung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mit den Maschinen und Materialien ist hier für den Produktionsprozess zentral, und wird es absehbar bleiben. Eine hilfreiche Komponente kann aber zugleich eine Sensorik sein, die unter anderem Parameter wie Temperatur und Druck permanent misst und eine erste Auskunft über die erwartbare Güte der produzierten Teile zum Beispiel durch eine Ampel gibt, bzw. vor wahrscheinlichen Fehlern warnt und Anpassungsvorschläge liefert.  Für solche in den Produktionsprozess integrierten Beurteilungen ist nicht eine Messung entscheidend, sondern ein Zusammenspiel verschiedener Werte und Schwellen sowie unterschiedlicher, teils zusammenhängender Verläufe, wodurch sich dynamische Verarbeitungssysteme wie KI-Modelle anbieten. Moderne Sensoren sind nicht nur hochempfindlich, sie können auch an Punkten angebracht werden, die dem Menschen während der Produktion nicht zugänglich sind. Der Mensch wird hier also nicht ersetzt, sondern durch die Technik unterstützt. In verschiedenen Forschungsprojekten wie z.B.: „Powermoulds“, „Wasabi“ oder auch „SMoSys“ arbeiten Manuel Schneider und Norbert Greifzu aus dem Team der „Eingebetteten Diagnosesysteme (EDS)“ von Professor Andreas Wenzel an solchen Lösungen für eine smarte Industrie und dem Einsatz vom KI an anwendungsnahen Problemstellungen. Die Forschungsgruppe EDS ist Teil einer Hauptforschungsrichtung „Adaptiven Signalanalyse“ der Hochschule Schmalkalden. Interessante Veröffentlichungen der Forschungsgruppe sind:

Literaturverzeichnis

[1]N. Greifzu, M. Schneider, M. Werner, N. Fränzel, A. Wenzel und C. Walther, Bewertung von Produktionsprozessen mit Verfahren der Künstlichen Intelligenz, 2020.
[2]M. Schneider, N. Greifzu, L. Wang, A. Wenzel, L. Pu und C. Walther, „An end-to-end machine learning approach for time series with varying lengths,“ Neural Computing and Applications, Nr. 10.1007/s00521-024-09473-9, 2024.
[3]H. Siebald, F. Pforte, B. Kulig, M. Schneider, A. Wenzel, M. Schweigel, J. Lorenz, H.-H. Kaufmann, J. Huster, F. Beneke und O. Hensel, „Referencing acoustic monitoring of cutting knives sharpness in agricultural harvesting processes using image analysis,“ Biosystems Engineering, Bd. 226, Nr. 10.1016/j.biosystemseng.2022.12.007, p. 86–98, February 2023.
[4]D. Schneider, M. Schneider, M. Schweigel und A. Wenzel, „Application of various balancing methods to DCNN regarding acoustic data,“ Proceedings 30. Workshop Comupational Intelligence, Nr. ISBN: 978-3-7315-1051-2, November 2020.
[5]M. Schneider, N. Greifzu, C. Walther und A. Wenzel, „Übertragung von anwendungsnahen Problemstellungen des Maschinellen Lernens aus der Forschung in die Lehre,“ Berlin Journal of Data Science, Bd. 1, February 2020.

[1] https://arxiv.org/pdf/1710.08864.pdf

Über den Abschluss des Forschungsprojektes „RoboTraces“

Über den Abschluss des Forschungsprojektes „RoboTraces“

Das Projekt RoboTraces zog Ende Januar ein Resümee seiner einjährigen Forschungstätigkeit und lud aus diesem Anlass abseits der Vertreter:innen von Presse und Politik auch jene Personen ein, die ein elementarer Bestandteil des Vorhabens in dem Stadtquartier Geras waren: Die Bewohner:innen. Neben dem Umweltminister Thüringens, Bernhard Stengele, fanden auch der TAG-Regionalchef, Claudius Oleszak, und die Referentin beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Sarah Schmelzer, positive Worte zum Projekt und seiner Bilanz.

„Robbie“ ist ein autonomer Lieferroboter, der Einkäufe vom Laden, hier ein lokaler REWE, zu den Kund:innen, hier zum Nachbarschaftstreff Eichenhof, bringen soll. Da der Roboter die Gehwege nutzt, galt es zunächst, die Reaktionen der Bevölkerung auf „Robbie“ zu sondieren, also zum Beispiel, ob die Passant:innen anhalten, die Straßenseite wechseln oder einfach weitergehen – bzw. in welchen Situationen welche Reaktion auftritt.

Anpassung und Lebensqualität

Aus diesen Beobachtungen und Gesprächen mit den Nutzer:innen und Anwohner:innen lässt sich unter anderem schließen, welche Abstände, welche Farbgebung und welche Geschwindigkeiten notwendig sind, damit der Roboter zwar wahrgenommen wird, er zugleich aber nicht stört oder gar als Gefahr erscheint. Um diese Einsichten über das Verhalten und mögliche Parameter der Anpassung zu gewinnen sowie erste Einschätzungen möglicher Stressoren, also Auslösern von Stress, treffen zu können, wurde Robbie über einen längeren Zeitraum in mehreren Phasen in dem Quartier in Gera getestet.

„Robbie“ soll in erster Linie Menschen helfen und von alltäglichen Mühen entlasten, wie es unter anderem Einkäufe darstellen. Somit ist es ein Gewinn an Lebensqualität und Autonomie, wenn ältere Menschen wieder die Möglichkeit erhalten, weitestgehend selbstbestimmt und unabhängig ihre alltäglichen Besorgungen zu erledigen. Im Ergebnis bleibt den Senior:innen mehr Zeit für andere Aktivitäten, zum Beispiel zum Tanz oder Kartenspiel im Nachbarschaftstreff Eichenhof. Die Entwicklung autonomer Lieferroboter steht zwar noch am Anfang, ihr positiver Nutzen gerade für eine immer älter werdende Bevölkerung hingegen ist schon bereits heute greifbar.

Pionierarbeit und Erkenntnisse

Professor Sebastian Zug von der Technischen Universität Bergakademie Freiberg, Professor Frank Schrödel von der Hochschule Schmalkalden und Professor Felix Wilhelm Siebert von der Technischen Universität Dänemark leisteten mit ihren Teams hier Pionierarbeit, sind die Akzeptanzbedingungen autonomer Lieferroboter im Outdoor-Bereich doch bislang unerforscht. Gerade die Situation eines inhomogenen Terrains, das unterschiedliche Beläge und zum Beispiel Breiten und Belagsqualitäten der Gehwege aufweist, wurde zu einer Herausforderung für den Lieferroboter. Zugleich ließ es die lange Testphase zu, Daten in verschiedenen Situationen zu sammeln, also bei Tag und Nacht sowie unter anderem bei hohem und niedrigem Passant:innenaufkommen.

Ein Ergebnis der Testphasen war, dass die Einschätzbarkeit des Verhaltens des Roboters ein wichtiger Aspekt im Umgang der Menschen mit ihm war: Kurzum wollen Menschen nicht überrascht werden, wie von spontanen Richtungs- oder Geschwindigkeitsänderungen. Die nächste Herausforderung wird es also sein, die Vorhersagbarkeit des Verhaltens technisch zu integrieren und sichtbar zu machen. Die einjährige Projektphase wurde also nicht nur genutzt, um die Technik der Roboter stetig zu verbessern, sondern auch dazu, den Kontakt von „Robbie“ und Menschen besser zu verstehen und für sich anschließende Projekte konstruktive Ansatzpunkte zu schaffen.

Datenschätze und Herausforderungen

Während der Testfahrten wurde ein großer Datensatz en erzeugt, der nun – natürlich anonymisiert – anderen Forschenden und Forschungsfragen als Grundlage zur Verfügung steht. Die Organisation der Testfahrten, die das Sammeln der Daten ermöglicht, ist eine arbeitsintensive Aufgabenstellung: Nicht nur musste Robbie jeweils nach Gera verbracht werden, auch mussten Teams zusammengestellt und Absprachen mit den Verantwortlichen vor Ort getätigt werden. Dieser Aufwand kann durch die Vorarbeit des RoboTraces-Teams nun anderen Forschenden abgenommen werden. Zum Beispiel arbeitet schon jetzt eine deutsche Hochschule in Jordanien mit den Datensätzen aus den Fahrten in Gera.

Neben den technischen und verkehrspsychologischen Aspekten ist die rechtliche Ausgestaltung eine weitere Herausforderung für zukünftige Projekte der Logistik über autonome Lieferroboter. Zwar sind viele Bereiche innovativer Technologien wie das autonome Fahren schon z.T. kodifiziert, für andere Bereiche hingegen liegen noch keine Vorgaben vor. Da sich Roboter auf Fußwegen und somit Kontaktbereichen mit Passant:innen bewegen, ist die Relevanz der rechtlichen Klärung offensichtlich. Damit diese Form der Logistik im Alltag Anwendung finden kann, bedarf es eines rechtlichen Rahmens, der Verantwortlichkeiten und Mindeststandards mikromobiler, autonomer Fahrzeuge klärt.

Nicht zuletzt ist es eine Herausforderung für solche Reallabore wie die Testphase von RoboTraces, die Bereitschaft der Bevölkerung sicherzustellen. Um innovative Technologien und die Kriterien der Akzeptanz unter solchen Realbedingungen testen zu können, benötigen solche Projekte eine grundlegende Bereitwilligkeit und Aufgeschlossenheit der Anwohner:innen. „Robbi“ konnte hier auf den Erfahrungen mit „Emma“ aufbauen, eines automatisierten E-Kleinbusses, der ebenfalls in Gera-Lusan unterwegs war. Auch wenn somit die Berührungsängste schon verringert wurden, war es doch an den Forschenden, die Anwohner:innen über das Projekt zu informieren und einzubinden. Eine Möglichkeit war es, den Namen gemeinsam mit den Bewohner:inneren zu finden. Kurzum fand „Robbie“ in Gera eine bereitwillige Aufnahme, wodurch es möglich wurde, den Lieferroboter auf vielen Fahrten zu beobachten, und aus positiven wie negativen Erfahrungen der Menschen vor Ort zu lernen.

Das Projekt RoboTraces wurde von der Innovationsinitiative mFUND gefördert, mit der das BMDV seit 2016 Forschungs- und Entwicklungsprojekte rund um digitale datenbasierte Anwendungen für die Mobilität der Zukunft unterstützt.


Mehr hier:

https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/ost-thueringen/gera/roboter-einkaufen-senioren-testergebnis-robbie-100.html


Die Verbindung von Technologie, Ökonomie und Ökologie – Die 15. Schmalkalder Werkzeugtagung

Die Verbindung von Technologie, Ökonomie und Ökologie – Die 15. Schmalkalder Werkzeugtagung

Wie viele andere Bereiche auch ist der Werkzeugbau eine eigene Welt. Zuerst muss natürlich geklärt werden, um was es überhaupt geht: Der Werkzeugbau ist ein Teilbereich des Maschinenbaus, der sich mit der Herstellung von Werkzeugen, zum Beispiel Fräswerkzeugen für die industrielle Produktion, befasst. Dieser Arbeitsbereich erstreckt von verschiedenen Verfahren über unterschiedliche Schneidstoffe, also Materialien der Werkzeuge, bis hin zu Fragen unterschiedlicher Beschichtungen. Einen Eindruck in diesen für sich facettenreichen Bereich konnte man vor Kurzem im Rahmen der „15. Schmalkalder Werkzeugtagung“ am 8. und 9. November 2023 erhalten, die als Kooperation der GFE – Gesellschaft für Fertigungstechnik und Entwicklung Schmalkalden e.V., des Fachverbands Präzisionswerkzeuge im VDMA und der Hochschule Schmalkalden an eben dieser Hochschule stattfand und zu einer der größten Veranstaltungen dieses Bereichs zählt.

Prof. em. Dr. Konrad Wegener | ETH Zürich

Im Fokus stehen also hochpräzise und zugleich robuste Werkzeuge der industriellen Zerspanungstechnik. Unter das Zerspanen fallen verschiedene Verfahren wie das Drehen, Fräsen und Schleifen, die Werkstücke in eine bestimmte Form bringen. Als beispielhafte Vereinfachung für das Verständnis des Fräsens bietet sich das Bild von Bohrwerkzeugen an, wie wir sie alle aus unseren Bohrmaschinen kennen. Auch wenn wir dabei die Erfahrung unterschiedlicher Qualitäten dieser Werkzeuge sammeln können und sich die Schärfe und der Verschleiß verschiedener Typen nicht unwesentlich unterscheidet, ist der Grad an Belastung in der Produktion der seriellen Industrie um einiges höher.

In Bereichen der Automobil- oder auch Flugzeugproduktion geht es um enorme Stückzahlen und hocheffiziente, optimierte Fertigungsprozesse, in denen der Ausfall oder der Austausch von Werkzeugen hohen Aufwand und hohe Kosten verursachen. Die hier verwandten Werkzeuge müssen also präzise wie verlässlich arbeiten und zugleich robust sein. Hier kann nun die Forschung ansetzen und die Industrie unterstützen: In der Erforschung neuer Methoden und Materialien kann die Funktionsweise optimiert und der Verschleiß minimiert werden, wodurch nicht nur die Produkte besser, sondern auch die Fertigungsprozesse effizienter werden.

Verschiedene Wege, ein Ziel

Moderne Produktionsverfahren sind hochkomplex, was Ansätze der Forschung zugleich kompliziert und diversifiziert: Kurz gesagt kann es den Forschenden nunmehr nur um kleine Bereiche gehen, auf die sie sich spezialisieren. Tagungen haben die Aufgabe, neben einer Leistungsschau der Fähigkeiten und der Vorstellung innovativer Projekte und Ansätze die verschiedenen Bereiche in Kontakt und Austausch über die aktuellen Themen und Herausforderungen ihrer Gebiete zu bringen.

Die Werkzeugtagung wurde nach den Grußworten von einem Vortrag über die Vorzüge des Einsatzes von Lasertechnik anstatt von Zerspanwerkzeugen zur Herstellung von Umformwerkzeugen. Diese Technik ist im Bereich des Werkzeugbaus noch wenig verbreitet, so dass es nun zunächst darum geht, die möglichen Potentiale und Konditionen der Verwendung zu klären. Wie alle Fertigungsverfahren hat auch dieses einen speziellen Einsatzbereich, in dem es sinnvoll ist, auf diese Technik zurückzugreifen. Gerade wenn es um die Herstellung enorm kleiner, filigraner Formelemente geht, bei denen selbst spezielle Mikrofräsmaschinen kaum mehr arbeiten kann, bietet sich der Laser als Alternative zur Zerspanung an. Diese Richtung, der Sinnhaftigkeit und Nutzbarkeit verschiedener Ansätze für unterschiedliche Zwecke prägte die Tagung.

In diesem Sinne wurde auch der Dissens zwischen additiven und subtraktiven Verfahren als letztlich wenig produktiv bei Seite geschoben: Es kann nicht darum gehen, jenes eine, universell anwendbare Herangehen zu finden, den klassischen Stein der Weisen, sondern die Vorzüge und Nachteile unterschiedlicher Methoden für verschiedene Zwecke zu verstehen. Gerade bei hochkomplexen Werkzeugen, die in eher überschaubaren Mengen produziert werden, ist der Rückgriff auf Verfahren wie den 3D-Druck sinnvoll. Dagegen lassen sich hohe Stückzahlen zu geringen Kosten durchaus mit den etablierten Zerspanverfahren realisieren. Letztlich nimmt also kein Teilbereich einem anderen etwas weg, vielmehr ergänzen sie sich in den verschiedenen Herausforderungen der Anwendungsfelder.

Impulse

Auch wenn die Welt des Werkzeugbaus eine eigene ist, so steht sie doch in Kontakt mit der Außenwelt und ihren Entwicklungen. Im Fokus der Tagung standen auch die Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von Künstlicher Intelligenz: Aus Sicht der Praxis ist es weder möglich, auf die Verbesserungen digitaler Lösungen in toto zu verzichten, noch in einen naiven Lobgesang einzufallen, der in der Künstlichen Intelligenz ein Allheilmittel sieht. Die Digitalisierung und die Künstliche Intelligenz bieten im Werkzeugbau und der Optimierung der Produktion nützliche Verbesserungen, die es den verantwortlichen Personen einfacher machen. Genau hier gilt es Mittel und Wege zu finden, die neuen Techniken adäquat zu nutzen und sie in die lernenden Prozesse der Produktion einzubinden.

Eine weitere durchschlagende Veränderung ist der Anspruch der Nachhaltigkeit, der sich in unserer Gegenwart auch dem Maschinenbau als Herausforderung stellt. Diese Aufgabe ist für die Ingenieure aber keinesfalls das sprichwörtliche Neuland, ging es doch schon immer darum, mit Ressourcen wie Rohstoffen und Energie schonend umzugehen und den Verbrauch und damit die Kosten zu minimieren. In die Zukunft gedacht sind es Maschinen- und Werkzeugbauer, die technische Lösungen finden müssen, wie wir unsere Standards der Produktion halten und zugleich die Gebote der Nachhaltigkeit konsequenter umsetzen können. Wieder ist es kein Gegen-, sondern ein Miteinander, was sinnvoll und erstrebenswert ist.

Zusammen // Arbeiten

Der Austausch verschiedener Perspektiven wurde im Rahmen der Tagung in den Vordergrund gerückt. Wie wir schon verdeutlichten, gibt es zu verschiedenen Ansprüchen des Werkzeugbaus ganz unterschiedliche Lösungsansätze, ebenso in Hinsicht von den Werkstoffen wie den Verfahren der Fertigung und vieles mehr. Auch die Anforderungen der forschenden Ingenieur:innen und die Perspektiven der produzierenden Gewerbe sind nicht unbedingt deckungsgleich,  sie können sich aber über ihre jeweiligen Herausforderungen und Konditionen austauschen. Die verschiedenen Affiliationen der über 150 Referenten und Tagungsteilnehmer wurden während den Veranstaltungen also zur jeweiligen Erweiterung der Perspektive produktiv genutzt.

Auch die Organisation der Tagung nahm sich als eine Kooperation verschiedener Institutionen aus. Professor Andreas Wirtz versieht dabei als Inhaber einer Tandemprofessur schon selbst eine Scharnierposition zwischen der GFE und der Hochschule Schmalkalden, ist er doch bei beiden Institutionen zur gleichen Hälfte beschäftigt. An der Hochschule hat er die Professur für Fertigungstechnik und virtuelle Prozessgestaltung inne. Neben ihm waren auch Sandy Korb von der Hochschule Schmalkalden und Sabrina König sowie Petra Preiß von der GFE Teil des Organisationsteams, das zudem durch viele helfende Hände tatkräftig unterstützt wurde.

Die Kontakte zwischen der Hochschule und der GFE bestehen also wechselseitig. So übernimmt Dr. Florian Welzel, Geschäftsführer der GFE, regelmäßig einen Lehrauftrag an der Fakultät Maschinenbau im Sommersemester, wodurch sich die räumliche Nähe der beiden Institutionen in einen kooperativen Austausch übersetzt.

Eine Tagung lebt aber nicht nur von den Inhalten und dem wissenschaftlichen Austausch, sondern auch von dem rahmenden Programm und dem Kennenlernen der Umgebung: So wurde der erste Tagungsabend von einem Besuch der Viba-Nougatwelt und einem festlichen Essen am selben Ort abgerundet. Der zweite Tag fand seinen Ausklang in einem Besuch der GFE, wobei neben einer kulinarischen Empfehlung aus der Region eine Auswahl von Ergebnissen aus dem Bereich der Forschung und Entwicklung bei einer Besichtigung vorgestellt wurden.

Die Schmalkalder Werkzeugtagung bietet neben zahlreichen Fachvorträgen viele Möglichkeiten für einen offenen Austausch zwischen Industrie, Forschung und Hochschule. Dies eröffnet allen Teilnehmenden Potenziale sowohl für eine zielgerechte, anwendungsnahe Gestaltung gemeinsamer Forschungsprojekte als auch Chancen zum Forschungstransfer.

Neue Aufgaben, neue Wege – Der VDWF-Treffpunkt Werkzeugbau an der HSM in der Angewandten Kunststofftechnik

Neue Aufgaben, neue Wege – Der VDWF-Treffpunkt Werkzeugbau an der HSM in der Angewandten Kunststofftechnik

Anfang letzter Woche wurde die Hochschule Schmalkalden zum Gastgeber des „VDWF-Treffpunkt Werkzeugbau“, der über 90 Gäste aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik trotz winterlicher Witterungsbedingungen nach Südthüringen lockte. Der Verband Deutscher Werkzeug- und Formenbauer e. V., dem mehr als 490 Mitgliederunternehmen aus ganz Deutschland angeschlossen sind, ist seit vielen Jahren Kooperationspartner der Hochschule Schmalkalden im Bereich Weiterbildung und Forschung. Neben einem wissenschaftlichen Rahmenprogramm rund um die aktuellen Entwicklungen im Werkzeugbau bot das Treffen breiten Raum für den Austausch der Anwesenden und wurde von einem Besuch der Angewandten Kunststofftechnik abgerundet.

Nach der Begrüßung durch Ralf Dürrwächter, VDWF-Geschäftsführer, und Prof. Thomas Seul, in Personalunion VDWF-Präsident und Inhaber der Professur für Fertigungstechnik und Werkzeugkonstruktion an der Hochschule Schmalkalden, ließ es sich Gerald Ullrich, Mitglied des Deutschen Bundestages, nicht nehmen, alle Teilnehmer:innen willkommen zu heißen, um mit kurzen aber verständlichen Worten aus seiner Sicht als „Spritzgießer“ und Politiker Sichtweisen und Erklärungen rund um die Branche zu vermitteln. Nach weiteren einführenden Hinweisen von Claudia Michel, welche die Geschäftsstelle des VDWF in Schmalkalden verantwortet, richtete sich der Fokus des ersten Vortrags auf die Lage der Konjunktur.

Die Branche des Werkzeug-, Modell- und Formenbaus befindet sich nach Jens Lüdtke im Wandel, wobei er negativen Momentaufnahmen langfristige positive Trends entgegenstellte. Dies sollte die Anwesenden aber nicht überraschen, befinde sich der Bereich doch beständig in Veränderung aufgrund neuer Aufgaben und Rahmenbedingungen. Veranschaulicht würde der Wandel der letzten Dekaden in dem Bild von Werkshallen, die sich von klassischen Orten der Produktion hin zu hochtechnischen, klinisch-reinen Betriebsstätten entwickeltet hätten. Die aktuelle Problemstellung ist demnach nicht die Veränderung der Situation oder der äußeren Konditionen, sondern die eigene Qualität des Anpassungsdrucks, der die Branche gerade in Hinsicht der Wirtschaftlichkeit und Kosteneffizienz vor Herausforderungen stellt. Trotz der Problematik gebe es aber verschiedene Ansätze, wie der Maschinenbau reagieren könne, neben der weiteren Effizienz sei hier auf die Menschen und die wachsende Kooperation verwiesen. Auch wenn das Bild also nicht ungetrübt sei, gebe es Antworten und mögliche Wege.

Ein anderer Vortrag widmete sich mit der Dokumentationspflicht einem eher unbeliebten Zeitvertreib der Maschinenbauer:innen. Eine gut gemachte Dokumentationspraxis erschwere aber nicht die Arbeit, sondern mache sie leichter, so das Plädoyer Dr. Mario Schuberts am Ende des Vortags. Auf die kürzeste Formel gebracht, meine Doku: „Schreibe auf, was du machst / Mache, was du aufgeschrieben hast!“ Das Ziel ist letztlich, sich selbst eine sinnvolle Selbstorganisation zu erarbeiten, einen verlässlichen Schatz an Erfahrung über die Zeit zu bewahren und zugleich anderen Mitarbeitenden zugänglich zu machen. Wenn eine Doku aktuell, klar, passend und unter anderem abgestimmt sei, könne sie helfen, das Wissen um positive und negative Faktoren der Produktion zu verallgemeinern.

Die Branche des Werkzeug-, Modell- und Formenbaus befindet sich nach Jens Lüdtke im Wandel, wobei er negativen Momentaufnahmen langfristige positive Trends entgegenstellte. Dies sollte die Anwesenden aber nicht überraschen, befinde sich der Bereich doch beständig in Veränderung aufgrund neuer Aufgaben und Rahmenbedingungen. Veranschaulicht würde der Wandel der letzten Dekaden in dem Bild von Werkshallen, die sich von klassischen Orten der Produktion hin zu hochtechnischen, klinisch-reinen Betriebsstätten entwickeltet hätten. Die aktuelle Problemstellung ist demnach nicht die Veränderung der Situation oder der äußeren Konditionen, sondern die eigene Qualität des Anpassungsdrucks, der die Branche gerade in Hinsicht der Wirtschaftlichkeit und Kosteneffizienz vor Herausforderungen stellt. Trotz der Problematik gebe es aber verschiedene Ansätze, wie der Maschinenbau reagieren könne, neben der weiteren Effizienz sei hier auf die Menschen und die wachsende Kooperation verwiesen. Auch wenn das Bild also nicht ungetrübt sei, gebe es Antworten und mögliche Wege.

Ein anderer Vortrag widmete sich mit der Dokumentationspflicht einem eher unbeliebten Zeitvertreib der Maschinenbauer:innen. Eine gut gemachte Dokumentationspraxis erschwere aber nicht die Arbeit, sondern mache sie leichter, so das Plädoyer Dr. Mario Schuberts am Ende des Vortags. Auf die kürzeste Formel gebracht, meine Doku: „Schreibe auf, was du machst / Mache, was du aufgeschrieben hast!“ Das Ziel ist letztlich, sich selbst eine sinnvolle Selbstorganisation zu erarbeiten, einen verlässlichen Schatz an Erfahrung über die Zeit zu bewahren und zugleich anderen Mitarbeitenden zugänglich zu machen. Wenn eine Doku aktuell, klar, passend und unter anderem abgestimmt sei, könne sie helfen, das Wissen um positive und negative Faktoren der Produktion zu verallgemeinern.

Im Anschluss an den Vortagsteil wurde kurzweilig und informativ durch die modernen Technika Werkzeugtechnologie/Spritzgießen, Compoundieren, Extrusion und Additive Fertigung sowie Werkstoffanalytik geführt. Hier gab es Forschung und Wissenschaft zum Beispiel zur KI und Maschinellem Lernen zum Anfassen und Begreifen. Die vielen Eindrücke und Inhalte wurden zum Ausklang der Veranstaltung beim Netzwerken im ansprechenden Ambiente der dekorierten und atmosphärisch ausgeleuchteten Hallen des AKT abgeschlossen.

Das Science Camp 2023 an der Hochschule Schmalkalden

Das Science Camp 2023 an der Hochschule Schmalkalden

In der zweiten Septemberhälfte fand das Science Camp zum Thema RoboBau an der Hochschule Schmalkalden statt. Über sieben Tage hinweg wurde Wissenschaft mit Experimentierfreude und Ingenieurwissenschaft mit interdisziplinärer Kooperation kombiniert. Insgesamt 25 Masterstudierende aus verschiedenen Fächern und mit unterschiedlichen Schwerpunkten wie Robotik, Elektrotechnik und dem 3D-Druck mussten ihre jeweiligen Fähigkeiten zusammenbringen und zugleich kreativ verknüpfen, um das Ziel des Wettbewerbs zu erreichen. Diese Kooperation zwischen Studierenden über die Grenzen verschiedener Disziplinen und Hochschulen hinweg ist die grundlegende Intention der Science Camps.

Die Idee der Science Camps geht auf eine Initiative der Allianz Thüringer Ingenieurwissenschaften zurück, also der übergreifenden Kooperation von Ingenieurstudiengängen verschiedener Thüringer Hochschulen. So setzt sich auch das Teilnehmerfeld nicht nur aus Studierenden unterschiedlicher Fachrichtungen der Ingenieurwissenschaft zusammen, die Teilnehmenden kommen auch aus verschiedenen Thüringer Hochschulen. Es ist dieser integrative, kooperative Ansatz gemeinsamer Problemlösungen, der im Zentrum der Allianz ThürIng steht. An der Hochschule Schmalkalden koordinierten Miriam Naujoks und Frederike Mohr die Konzeptionierung und Umsetzung des Science Camps. Unterstützt wurden sie und die Teilnehmenden insbesondere durch Prof. Schrödel als fachlichen Leitern sowie durch studentische Hilfskräfte.

Leitthemen und Ablauf

Das leitende Motiv dieses Camps war der RoboBau. Die Aufgabe der vier Teams war es, zunächst eine Brücke bestehend aus verschiedenen Bauelementen digital zu konstruieren und anhand eines 3D-Druckers zu fertigen. Anschließend musste die Brücke von einem Robotergreifarm zusammengesetzt werden. Auch wenn die entscheidenden Kriterien Stabilität und der effiziente Einsatz von Materialien waren, wurde die Kreativität der Aufbauten gewürdigt.

Der Donnerstag stand ganz unter dem Eindruck des Ankommens. Nach der Begrüßung durch den Vizepräsidenten für Studium und internationale Beziehungen, Prof. Dr. Uwe Hettler, stellte Frederike Mohr den Tagesablauf vor. Anschließend gab es eine Campusführung inklusive mehrerer Laborbesuche und ein gemeinsames Mittagessen. Am Nachmittag wurden die ersten thematischen Pflöcke eingeschlagen. Dr. László Dunaivon dem Department of structural engineering der Budapest university of technology and economics führte in die Thematik des Brückenbaus aus architektonischer Perspektive ein und stellte Grundprinzipien möglicher Aufbauweisen vor, an denen sich die Teilnehmenden am Science Camp orientieren konnten. Danach gab Prof. Abrahamczyk von der Bauhaus-Universität Weimar einen Überblick über die genaue Aufgabe und stellte die Teams vor. Den Tag rundete ein gemeinsames Grillen der knapp dreißig Teilnehmer aus fünf Hochschulen ab.

In den nächsten Tagen wurden verschiedene Crash-Kurse abgehalten. Neben Prof. Frank Schrödel, der die Studierenden u.a. in die Themen der Intelligent Robotics und Roboterprogrammierung einführte, gab Prof. Hartmut Seichter eine Übersicht in die Programmiersprache Python sowie in das Thema der Bildverarbeitung. Prof. Andreas Dietzel vermittelte einen ersten Eindruck in das Konstruieren mithilfe von Computern (CAD). Auch wenn der selbstständigen Arbeit der Master-Studierenden möglichst viel Raum gelassen werden sollte, wurde zwecks praktischer Veranschaulichung und kurzweiliger Ablenkung am Mittwoch eine Exkursion zu dem Unternehmen Mehnert – Experts for Special Machines 4.0 mit Sitz in Erfurt unternommen.

Auszeichnungen und Resümee

Auch wenn es bei derartigen kooperativen Projekten nicht im Mittelpunkt steht, gab es natürlich auch ein Gewinnerteam, dem die Brückenkonstruktion am überzeugendsten gelang. Herr Muralidhar Appana (Schmalkalden), Frau Arti Rana (Schmalkalden), Frau Rohini Kulkarni (Nordhausen), Frau Quratulain Siddiqi (Weimar), Herr Jakob Pflugbeil (Ilmenau) und Herr Jash Roopesh Shah (Jena) gewannen zudem den zweiten Wettbewerb, der die kreativste Lösung prämierte.

Dem Resümee Prof. Schrödels von der Fakultät Maschinenbau der Hochschule Schmalkalden ist nichts hinzuzufügen: „Es war inspirierend zu sehen, mit welchen hohen Maß an Begeisterung die Studierenden am Science Camp 2023 teilgenommen haben. So löcherten die Studierenden die beteiligten Dozenten mit vielen Fragen und tüftelten nicht nur bis spät abends, sondern auch am Wochenende in den Robotik Laboren der Hochschule Schmalkalden. Am Ende des Science Camp waren alle Studierenden in der Lage ein wirklich vorzeigbares Ergebnis stolz zu präsentieren – was mich wirklich begeisterte! Ich freue mich aufs nächste Science Camp!!“

Natürlich lässt sich doch noch etwas hinzufügen: Das nächste Science Camp wird im Frühjahr 2024 an der FH Erfurt stattfinden.

Die Anwendung im Blick. Über Forschungsprojekte von Andreas Wenzel

Die Anwendung im Blick. Über Forschungsprojekte von Andreas Wenzel

Professor Andreas Wenzel hat die Professur für Technische Informatik/Eingebettete Systeme an der Fakultät Elektrotechnik der HSM inne. Zusammen mit seinem Team der Forschungsgruppe Eingebettete Diagnosesysteme sucht er nach praktischen Lösungen für unterschiedliche Anwendungsfelder und Fragestellungen, zum Beispiel: Welche Genauigkeit benötigt ein drahtloses Indoor-Lokalisierungssystem für den Einsatz für mobile Robotik-Anwendung? Wie lässt sich eine digitales Werkzeugbegleitbuch mit Bedienungsanleitung und Montagevideos an Werkzeugformen integrieren und im Gebrauch am besten nutzen? Welche KI-Methoden und Algorithmen sind für maschinelle Bewertung der Produktionsqualität aus Prozessdaten besonders geeignet? 

Eine weitere Aufgabe, der sich das Team um Professor Wenzel in den Forschungsprojekten „Powermoduls“ und „WASABI“ in Kooperation mit der Fakultät für den Maschinenbau widmete, war die Optimierung von Spritzgussverfahren mit Hilfe eines integrierten Diagnosesystems: Lassen sich beim Herstellungsprozess bereits Daten erheben, welche die Güte des gefertigten Produkts prognostizieren können? Dies wäre ein Weg, bereits zu Beginn Fehlproduktionen zu vermeiden. Gerade weil in nahezu vollautomatisierten Produktionsprozessen weniger menschliche Handarbeit als vielmehr die Überwachung und Qualitätskontrolle der Produktion zur Optimierung gefragt ist, macht dieser Ansatz auch für die Industrie Sinn.

Zunächst galt es hierfür die messbaren Faktoren und Parameter im Prozess der Produktion auszumachen, welche für die Qualität des hergestellten Produkts entscheidend sind bzw. diese mittelbar beeinflussen. Neben dem Aspekt der sensiblen Detektion relevanter Sensordaten bestand die Herausforderung darin, die großen Mengen an Daten zu verarbeiten. Ein Mittel hierzu sind KI-unterstützte Verarbeitungsverfahren, also spezifischer Algorithmen, mit deren Hilfe die Daten geordnet, Muster erkannt und belastbare, relevante Informationen von anderen getrennt werden können. Zuletzt war die Ausgabe an die für die Produktion verantwortliche Person zu bedenken: Welche Informationen über die Entscheidung der KI mussten mitgeliefert werden, und in welchem Format? Welche Maßnahme kann der Prozessbediener im laufenden Prozess anpassen, um Fehlproduktionen zu vermeiden?

Die Tonalität von Klingen

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt der vergangenen Jahre waren die  Projekte „EMIL“ und „SMoSys“, wobei ersteres zusammen mit Prof. Beneke von der Fakultät Maschinenbau, Class und der Universität Kassel durchgeführt wurde. In SMoSys wurde dies dann im Verbund mit der Uni Kassel, der Uni Göttingen und Class weiterentwickelt. Hier waren für die technischen Lösungen eine Kombination aus Zugängen der klassischen Ingenieurswissenschaft und der Datenverarbeitung mit künstlichen neuronalen Netzwerken notwendig. Eines der größeren Verschleißteile von Landmaschinen wie Feldhäckslern sind die Klingen, mit denen die Agrargüter wie Mais geschnitten werden. Bedingt durch den Zeitdruck der Ernte  müssen verschiedenen Wartungsprozesse auch kostenoptimiert gestaltet werden. Ein solcher Aspekt ist auch das Schleifen der Messer. Beide Forschungsvorhaben haben sowohl mit den Verschleiß, sowie mit der Prognose des Messerzustandes in realen Messumgebungen beschäftigt.

Fragen wie: „Wie lässt sich die Schärfe der Messer bestimmen?“ haben die beteiligten Forschungsgruppen natürlich auch beschäftigt. Hierfür wären allerlei technische Instrumente denkbar, die zwar eine Messung erlauben, aber zugleich mit einem hohen Aufwand verbunden wären. Im Rahmen des Projekts konnte zusätzlich ein praktikabler Ansatz, welcher auf bereits bestehende Gegebenheiten zurückgreift und in ihrem Aufwand minimal bleibt, erarbeitet werden. Professor Wenzel und sein Team griffen hierfür auf bereits integrierte Sensoren im Feldhäcksler zurück, welche die Schwingungen in der Nähe der Schneiden erfassen können. Wenn diese Schwingungen Auskunft über den Zustand der Klingen geben, könnte diese auch für die Entwicklung eines automatisiertes Monitoringsystems genutzt werden. Zuletzt war es wiederum die Aufgabe, aus den Daten eben jene belastbaren Signale und Muster zu extrahieren, an denen der Verschleiß der Klingen ablesbar war.

Professor Wenzel und sein Team befassen sich im Bereich der Landwirtschaft neben der Klingenschärfe der Feldhäcksler auch mit der Kartierung von Räumen für das autonome Fahren von landwirtschaftlichen Maschinen. Diese Aufgabe, die vor der Herausforderung einer eher rauen Umgebung steht, dient nicht zuletzt der optimalen Nutzung der natürlichen Ressourcen, zusätzlich werden auch Themenaspekte der Nachhaltigkeit behandelt. Für das Erkennen von Innovationspotenzialen und den Einsatz von KI-Algorithmen und eingebetteten Systemen sind intelligente Methoden sowie unterstützendes Know-how aus Sensorik, Prozessverständnis und praxisnahen Anwendungen für die Entwicklung von Lösungsansätzen für Industrie sowie Wissenschaft und Forschung von essentieller Bedeutung.

Assistentenexkursion “AssEx” nach Nürnberg

Assistentenexkursion “AssEx” nach Nürnberg

Ende August startete die letzte Assistentenexkursion nach Nürnberg. Ziel der sogenannten AssEx ist es, dass die Doktoranden der Hochschule Schmalkalden in Kontakt treten und sich über die Grenzen ihrer jeweiligen Disziplinen hinweg austauschen und vernetzen. Umrandet wurde der Besuch Nürnbergs von einem Rahmenprogramm, das mit dem Besuch des Unternehmens Hoefer & Sohn begann.

Norbert Greifzu im Austausch mit Martina Badock

Hoefer & Sohn, ansässig in Fürth, ist ein Spezialist für Kunststofffertigung und Präzisionsformenbau, der neben der Herstellung spezieller Werkzeuge auch die eigene Produktion komplexer Komponenten anbietet. Nach einer Unternehmensvorstellung wurden die Schmalkaldener Doktoranden von den beiden Inhabern Martina und Christoph Badock persönlich durch die neuste Produktionsstätte des 1876 gegründeten Familienunternehmens in Fürth geführt. Neben komplexen Bauteilen für moderne Dieselmotoren wurde unter anderem die vollständig automatisierte Herstellung von Augenspeeren vorgestellt, die bei Operationen des grauen Stars verwandt werden.

Im Anschluss bekamen die Promovenden die Möglichkeit, ihre Projekte vorzustellen und konstruktiver Kritik zu begegnen. Die Themen und Ansätze waren dabei so breit gefächert wie das Spektrum der Fächer an der Hochschule selbst. Ein Vorhaben befasst sich mit der Herstellung eines hochleitfähigen Kunststoffs, wobei nicht nur die verschiedenen, optimalen Materialien und ihrer Kombinationen zu erforschen sind, sondern auch die Herstellungsweise des Kunststoffs, zum Beispiel über das additive Verfahren des 3D-Drucks. Andere Projekte widmen sich der integrierten Kennzeichnung von Spritzgussprodukten, einem Drucksystem für die 3D-Elektronikintegration und verschiedenen Modellen der Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen KI-basierter Datenverarbeitungsprozesse. Den Abschluss machte dann Steffi Ludwig vom Projekt FH Personal, die über die Angebote der Hochschule an Promovenden informierte.

Rundgang durch die Produktionshallen

Der zweite Tag der AssEx wurde von einem Besuch des Reichsparteitagsgeländes abgerundet. Der Größenwahn der Nationalsozialisten wurde an der Architektur und der dahinterstehenden Ideologie des Führerkults greifbar wie die Intention der Massenmobilisierung und der Durchmilitarisierung der Gesellschaft. Angefangen an der geplant siebzig Meter hohen Kongresshalle führte der Besuch über die 1,5 km lange und 60 m breite Große Straße bishin zur Zeppelintribüne. Vom Deutschen Stadion mit einem angedachten Fassungsvermögen von 400000 Menschen wurde dagegen nur der Grundstein realisiert. Der Besuch einer historischen Gedenkstätte, die  konkrete Erfahrung der Gigantonomie vor Ort und die Kontextualisierung durch einen Vertreter des Nürnberger Vereins „Geschichte für alle“ schlossen das Rahmenprogramm ab.

Prof. Dornieden während des Vortrags

Die Herausforderungen der Nachhaltigkeit von Lieferketten. Ein Praxisbericht zu den Auswirkungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes auf Unternehmen

Die wahrlich nicht allzu eingängige Wortschöpfung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes stellt Unternehmen vor weitaus größere Probleme als jene der vollständigen Wiedergabe des Ausdrucks. Die Novelle des Gesetzes und vor allem die Verschiebung von einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Unternehmen hin zu einer verbindlichen Norm nehmen sich gerade für mittlere und größere Unternehmen als eine immense Herausforderung aus.  Kurz gefasst verlangt das Gesetz nunmehr von den Unternehmen, die Einhaltung bestimmter ökologischer und menschenrechtlicher Standards ihrer unmittelbaren Zulieferbetriebe sicherzustellen. Somit müssen Unternehmen, die aus dem Ausland Materialien oder Waren beziehen, für die Produktionsverfahren und Arbeitsbedingungen ihrer Zulieferer Verantwortung übernehmen. Komplexe Beschaffungsstrukturen mit einem Vielerlei zerstreuter Lieferanten machen die Einhaltung dieser rechtlichen Vorgaben nicht eben leicht.

Professor Michael Dornieden, der an der Fakultät Wirtschaftswissenschaften die Professur für allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Beschaffung und Produktion innehat, ging den Auswirkungen der Gesetzesnovelle im Rahmen seines Praxissemesters nach. Weil sich die Gesetzesnovelle für die Unternehmen lange Zeit als eine Art black box unbekannten Inhalts ausnahm, war an dieser Stelle eine wissenschaftliche Begleitung ebenso sinnvoll wie konstruktiv. Welche Effekte die Anforderungen auf ein mittelständisches, gleichwohl international tätiges Unternehmen und seine Beschaffungsstrukturen zeitigt, konnte Professor Dornieden im Rahmen seiner Mitarbeit im Unternehmen Ottobock SE & Co. KGaA nachgehen. Als ein sogenannter hidden champion im Bereich des health tech ist dieses Unternehmen mit seinen fast 9000 Beschäftigten ein Weltmarktführer dezidiert im Bereich Prothetik. Aber auch auf anderen Feldern der Orthopädietechnik wird dem Unternehmen Expertise zuerkannt, so bei individuell-zugeschnittenen Rollstühlen oder auch Exoskeletten.

Überleitung zur Fragerunde

Neben der Spezialisierung der Produkte weist das Unternehmen im Bereich der Beschaffung einen hohen Grad der Diversifizierung und ein heterogenes Portfolio auf, was die Übersicht und Kontrolle der Lieferketten zumindest nicht erleichtert. Um also die Folgen der Gesetzesnovelle abzusehen galt es für Professor Dornrieden zunächst, den Status quo zu analysieren. Welche Lieferketten bestehen, wie viele Lieferanten gibt es, welche Art von Verträgen mit welchen Konditionen (zum Beispiel in Hinsicht der Einhaltung von Standards) liegen mit den Partnern vor usw.? Anhand dieser Prüfung konnte dann im nächsten eine Konsolidierung der Lieferstrukturen konzipiert werden, die zugleich den Ansprüchen der Sorgfaltspflicht entgegenkam. Eine Möglichkeit der Optimierung besteht darin, die Zerstreuung der Lieferanten zu reduzieren und die Beschaffungswege wo möglich zu bündeln. Weil durch die Harmonisierung weniger Elemente innerhalb der Beschaffung zu berücksichtigen sind, sollte die Kontrolle der Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien leichter fallen. Daneben wäre ein anderer Ansatz, Verträge mit den Lieferanten anhand der rechtlichen Vorgaben auszurichten und die Kriterien somit verbindlich zu setzen. Diese Integration ist allerdings nur mittel- bzw. langfristig möglich.

Die Möglichkeit, die Folgen von Veränderungen rechtlicher Rahmenbedingungen direkt in betroffenen Unternehmen zu studieren und diesen im Umgang mit den entstehenden Herausforderungen zu unterstützen, bot Professor Dornieden eine gewinnbringende Erfahrung direkter Mitwirkung.

Ein Blick in das Publikum