In der zweiten Septemberhälfte fand das Science Camp zum Thema RoboBau an der Hochschule Schmalkalden statt. Über sieben Tage hinweg wurde Wissenschaft mit Experimentierfreude und Ingenieurwissenschaft mit interdisziplinärer Kooperation kombiniert. Insgesamt 25 Masterstudierende aus verschiedenen Fächern und mit unterschiedlichen Schwerpunkten wie Robotik, Elektrotechnik und dem 3D-Druck mussten ihre jeweiligen Fähigkeiten zusammenbringen und zugleich kreativ verknüpfen, um das Ziel des Wettbewerbs zu erreichen. Diese Kooperation zwischen Studierenden über die Grenzen verschiedener Disziplinen und Hochschulen hinweg ist die grundlegende Intention der Science Camps.
Die Idee der Science Camps geht auf eine Initiative der Allianz Thüringer Ingenieurwissenschaften zurück, also der übergreifenden Kooperation von Ingenieurstudiengängen verschiedener Thüringer Hochschulen. So setzt sich auch das Teilnehmerfeld nicht nur aus Studierenden unterschiedlicher Fachrichtungen der Ingenieurwissenschaft zusammen, die Teilnehmenden kommen auch aus verschiedenen Thüringer Hochschulen. Es ist dieser integrative, kooperative Ansatz gemeinsamer Problemlösungen, der im Zentrum der Allianz ThürIng steht. An der Hochschule Schmalkalden koordinierten Miriam Naujoks und Frederike Mohr die Konzeptionierung und Umsetzung des Science Camps. Unterstützt wurden sie und die Teilnehmenden insbesondere durch Prof. Schrödel als fachlichen Leitern sowie durch studentische Hilfskräfte.
Leitthemen und Ablauf
Das leitende Motiv dieses Camps war der RoboBau. Die Aufgabe der vier Teams war es, zunächst eine Brücke bestehend aus verschiedenen Bauelementen digital zu konstruieren und anhand eines 3D-Druckers zu fertigen. Anschließend musste die Brücke von einem Robotergreifarm zusammengesetzt werden. Auch wenn die entscheidenden Kriterien Stabilität und der effiziente Einsatz von Materialien waren, wurde die Kreativität der Aufbauten gewürdigt.
Der Donnerstag stand ganz unter dem Eindruck des Ankommens. Nach der Begrüßung durch den Vizepräsidenten für Studium und internationale Beziehungen, Prof. Dr. Uwe Hettler, stellte Frederike Mohr den Tagesablauf vor. Anschließend gab es eine Campusführung inklusive mehrerer Laborbesuche und ein gemeinsames Mittagessen. Am Nachmittag wurden die ersten thematischen Pflöcke eingeschlagen. Dr. László Dunaivon dem Department of structural engineering der Budapest university of technology and economics führte in die Thematik des Brückenbaus aus architektonischer Perspektive ein und stellte Grundprinzipien möglicher Aufbauweisen vor, an denen sich die Teilnehmenden am Science Camp orientieren konnten. Danach gab Prof. Abrahamczyk von der Bauhaus-Universität Weimar einen Überblick über die genaue Aufgabe und stellte die Teams vor. Den Tag rundete ein gemeinsames Grillen der knapp dreißig Teilnehmer aus fünf Hochschulen ab.
In den nächsten Tagen wurden verschiedene Crash-Kurse abgehalten. Neben Prof. Frank Schrödel, der die Studierenden u.a. in die Themen der Intelligent Robotics und Roboterprogrammierung einführte, gab Prof. Hartmut Seichter eine Übersicht in die Programmiersprache Python sowie in das Thema der Bildverarbeitung. Prof. Andreas Dietzel vermittelte einen ersten Eindruck in das Konstruieren mithilfe von Computern (CAD). Auch wenn der selbstständigen Arbeit der Master-Studierenden möglichst viel Raum gelassen werden sollte, wurde zwecks praktischer Veranschaulichung und kurzweiliger Ablenkung am Mittwoch eine Exkursion zu dem Unternehmen Mehnert – Experts for Special Machines 4.0 mit Sitz in Erfurt unternommen.
Auszeichnungen und Resümee
Auch wenn es bei derartigen kooperativen Projekten nicht im Mittelpunkt steht, gab es natürlich auch ein Gewinnerteam, dem die Brückenkonstruktion am überzeugendsten gelang. Herr Muralidhar Appana (Schmalkalden), Frau Arti Rana (Schmalkalden), Frau Rohini Kulkarni (Nordhausen), Frau Quratulain Siddiqi (Weimar), Herr Jakob Pflugbeil (Ilmenau) und Herr Jash Roopesh Shah (Jena) gewannen zudem den zweiten Wettbewerb, der die kreativste Lösung prämierte.
Dem Resümee Prof. Schrödels von der Fakultät Maschinenbau der Hochschule Schmalkalden ist nichts hinzuzufügen: „Es war inspirierend zu sehen, mit welchen hohen Maß an Begeisterung die Studierenden am Science Camp 2023 teilgenommen haben. So löcherten die Studierenden die beteiligten Dozenten mit vielen Fragen und tüftelten nicht nur bis spät abends, sondern auch am Wochenende in den Robotik Laboren der Hochschule Schmalkalden. Am Ende des Science Camp waren alle Studierenden in der Lage ein wirklich vorzeigbares Ergebnis stolz zu präsentieren – was mich wirklich begeisterte! Ich freue mich aufs nächste Science Camp!!“
Natürlich lässt sich doch noch etwas hinzufügen: Das nächste Science Camp wird im Frühjahr 2024 an der FH Erfurt stattfinden.
Am 18. und 19. September fand an der Hochschule Schmalkalden das erste Konsortialtreffen des KI-Hub Kunststoffverpackungen statt. Das Ziel dieser interdisziplinären Forschungskooperation besteht darin, die Nachhaltigkeit von Kunststoffverpackungen effektiv zu erhöhen und deren Nutzung ressourcenschonend und im Rahmen einer Kreislaufwirtschaft zu gestalten. Neben der Angewandten Kunststofftechnik der Hochschule Schmalkalden arbeiten hier gefördert unter anderem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung 51 namhafte Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zusammen. Als Projektbeteiligter organisierte zusammen Prof. Thomas Seul mit seinem Team der Angewandten Kunststofftechnik das Konsortialtreffen an der Hochschule.
Kunststoffe und Kreisläufe
Produkte und Verpackungen aus Kunststoff sind aus unseren Haushalten und aus unserem täglichen Gebrauch kaum mehr wegzudenken. Die Vorteile dieses Materials sind dabei vielfältig: Neben der Plastizität, die eine Vielfältigkeit der Form- und Farbgebung zulässt, sind hier die funktionalen und hygienischen Qualitäten einschlägig. Doch zugleich entstehen durch die Verbreitung des Kunststoffs und seine Langlebigkeit auch Probleme, wie wir an der zunehmenden Menge an Abfällen und gelben Säcken auch im Alltag merken. Dabei stellt sich die Herausforderung eines möglichst nachhaltigen Gebrauchs auf verschiedenen Ebenen, die zugleich unterschiedliche Problemlösungsansätze erfordern.
Eindrücke vom Empfang
Um die Ressource Kunststoff speziell in seiner Funktion als Verpackungsmaterial optimal und möglichst ökologieeffizient nutzen können, gilt es sowohl am Anfang wie dem Ende des Zyklus einer Kunststoffverpackung anzusetzen. Neben Aspekten des Materials und des Produktdesigns stehen die Bedingungen der Wiederaufbereitung im Fokus. Das übergeordnete Ziel besteht in der Etablierung einer Kreislaufwirtschaft, die den Kunststoff vollumfänglich nutzt und keine Ressourcen verschwendet, also die Wertschöpfungskette von Kunststoffverpackungen so weit wie möglich zu schließen und die Produktion von Treibhausgasen zu minimieren. Um die Quote der Wiederverwertung zu maximieren muss neben der Aufbereitung der Kunststoffe bereits bei der Produktion der Verpackungsmaterialien angesetzt werden.
Innovationslabore
Kurz gefasst geht es dem KI-Hub einerseits darum, wie wir Kunststoffe ausgerichtet auf ihre Wiederverwertbarkeit als Verpackungen fertigen und verwenden müssen: Welcher Kunststoff lässt sich zum Beispiel wie am besten recyclen, welches Material eignet sich in welcher Dosierung für welches Produkt, und welche Anforderungen haben die Partner der Industrie? Andererseits geht es um die Frage der Optimierung des eigentlichen Recyclings, das von Organisation und Logistik der Abfallwirtschaft bis hin zur Sortierung und Verarbeitung mit Hilfe künstlicher Intelligenz reicht. Das KI-Hub selbst gliedert sich in die beiden Innovationslabore KIOpti-Pack (Design und Produktion) und K3I-Cycling (Kreislaufschließung) in zwei eigenständige Konsortien mit je eigenen Profilen und Forschungsschwerpunkten, die im KI-Hub kooperieren.
Im Innovationslabor KIOptiPack stand unter anderem die Frage im Fokus, wie Kunststoffe gefertigt werden können, die sich maximal weiternutzen lassen. Welche Qualitäten müssen Rezyklate, also wiederaufbereitete Kunststoffe, aufweisen, um für sensible Bereiche der Verpackung – wie zum Beispiel von Lebensmitteln – verwandt werden zu können? Was sind die Eigenschaften der Polymere und wie lassen sich diese im Hinblick auf die Wiederverwertung optimieren? Ein Problem unter vielen ist hierbei die Bedruckung von Folien: Welche Folgen haben die Aufbringung von Farben auf die Materialien und speziell für die Weiterverarbeitung? Aber auch die negativen Effekte spezifischer Geruchsbilder von Kunststoffen und Rezyklaten auf Konsument:innen und deren Akzeptanz stehen im Fokus. Kurzum ist das Ziel, den Anteil der Rezyklat-Polymere in Produkten zu erhöhen, wofür Fragen der Qualität und Quantität, der nötigen Reinheit und Kontamination für verschiedene Verwendungs- und Produktionsweisen zu klären sind.
Gespräche im Foyer
Das zweite Innovationslabor, K3I-Cycling, richtete den Blick auf das Ende des Kreislaufs, und damit im Sinne des Zirkels auf den reibungslosen Beginn der neuen Phase. Wie das andere Innovationslabor gliedert sich dieses Konsortium in verschiedene Themenfelder und Probleme, die in unterschiedlichen Paketen zusammengefasst werden. Ein Schwerpunkt liegt in der Sortierung und dessen Optimierung mit Hilfe künstlicher neuronaler Netzwerke. Der Vorteile dieser Technologien ist die sich selbst steuernde Erfassung, die flexibel auf Daten- und Materialflüsse reagiert. Ein Ziel ist es, die Prozesse nicht nur retrospektiv zu begleiten, sondern prospektiv valide Prognosen vornehmen zu können und so die Organisation der nachhaltigen Verarbeitung zu optimieren. Ein Ansatz ist hier das Deep Learning, dessen Potentiale sich anhand von Tools wie ChatGPT bereits ahnen lassen. Die Frage ist hier nicht nur, wo die Reise der technischen Entwicklung hingeht, sondern auch, wie sich die Potentiale effektiv in Anwendungen einbinden und nutzen lassen.
Das Konsortialtreffen
So kamen etwa 150 Teilnehmer, bestehend aus dem Konsortium, Beirat sowie Projektträger im spätsommerlichen Schmalkalden zusammen. Neben den Vorstellungen der Projekte, der Projektstände und einzelnen Vorträgen lag das Hauptaugenmerk auf verschiedenen Workshops, die zu unterschiedlichen Themen stattfanden. Die Teilnehmenden diskutierten hier Fragen unter anderem des effizienten Einsatzes von KI über den Daten- und Materialfluss bis hin zu Fragen ethischer und datenschutzzentrierter Horizonte. Ein Workshop untergliederte den Kreislauf der Wertschöpfungskette des Kunststoffs in verschiedene Stationen auf und wollte von den Teilnehmenden in Erfahrung bringen, wie sich die Übergänge zwischen den verschiedenen Stationen optimal ausnehmen würden bzw. wo die kritischen Punkte liegen. Auch wenn die Forschung hier noch am Anfang steht, ließe sich so ein ideales Optimum des Kreislaufs eruieren, dass die Reibungsverluste zwischen verschiedenen Stadien minimiert.
Disksussion im Workshop
Ein ebensolcher übergeordneter, rahmender Bezugspunkt wurde auch von einem Vortrag über die Kriterien der Nachhaltigkeitsbewertung und des Life Cycle aufgegriffen: Nachhaltigkeit ist ein normatives und komplexes Ziel, gegenüber dessen multiplen, teils divergierenden Ansprüchen sich Forschende bewusst verhalten müssen. Anders gesagt ist Nachhaltigkeit kein analytisches Konzept, dessen Definition schon im Sinne eines standardisierten Wertes feststünde, sondern ein offener Begriff, der auf verschiedenen Ebenen arbeitet und zugleich eine Positionierung der Bewertung und reflexiven Abwägung von den Akteuren verlangt. Um mit dem Begriff und den Anforderungen zwischen Ökologie, Ökonomie und gesellschaftlichem Kontext produktiv umgehen zu können, ist diese Rückversicherung und Zieljustierung sinnfällig.
Die Tagung diente neben der Sacharbeit auch dem Kennenlernen sowie der internen Vernetzung der verschiedenen beteiligten Personen. Gelegenheiten zum Austausch bot sich nicht nur in den Pausen und Workshops, sondern auch im Rahmen eines gemeinsamen Austauschs im Netzwerk in der Viba-Nougatwelt. Am Ende der Tagung wurden die Ergebnisse der Workshops präsentiert und die beiden Tage produktiv mit einigen Antworten und vielen neuen Fragen abgeschlossen.
Professor Andreas Wenzel hat die Professur für Technische Informatik/Eingebettete Systeme an der Fakultät Elektrotechnik der HSM inne. Zusammen mit seinem Team der Forschungsgruppe Eingebettete Diagnosesysteme sucht er nach praktischen Lösungen für unterschiedliche Anwendungsfelder und Fragestellungen, zum Beispiel: Welche Genauigkeit benötigt ein drahtloses Indoor-Lokalisierungssystem für den Einsatz für mobile Robotik-Anwendung? Wie lässt sich eine digitales Werkzeugbegleitbuch mit Bedienungsanleitung und Montagevideos an Werkzeugformen integrieren und im Gebrauch am besten nutzen? Welche KI-Methoden und Algorithmen sind für maschinelle Bewertung der Produktionsqualität aus Prozessdaten besonders geeignet?
Eine weitere Aufgabe, der sich das Team um Professor Wenzel in den Forschungsprojekten „Powermoduls“ und „WASABI“ in Kooperation mit der Fakultät für den Maschinenbau widmete, war die Optimierung von Spritzgussverfahren mit Hilfe eines integrierten Diagnosesystems: Lassen sich beim Herstellungsprozess bereits Daten erheben, welche die Güte des gefertigten Produkts prognostizieren können? Dies wäre ein Weg, bereits zu Beginn Fehlproduktionen zu vermeiden. Gerade weil in nahezu vollautomatisierten Produktionsprozessen weniger menschliche Handarbeit als vielmehr die Überwachung und Qualitätskontrolle der Produktion zur Optimierung gefragt ist, macht dieser Ansatz auch für die Industrie Sinn.
Zunächst galt es hierfür die messbaren Faktoren und Parameter im Prozess der Produktion auszumachen, welche für die Qualität des hergestellten Produkts entscheidend sind bzw. diese mittelbar beeinflussen. Neben dem Aspekt der sensiblen Detektion relevanter Sensordaten bestand die Herausforderung darin, die großen Mengen an Daten zu verarbeiten. Ein Mittel hierzu sind KI-unterstützte Verarbeitungsverfahren, also spezifischer Algorithmen, mit deren Hilfe die Daten geordnet, Muster erkannt und belastbare, relevante Informationen von anderen getrennt werden können. Zuletzt war die Ausgabe an die für die Produktion verantwortliche Person zu bedenken: Welche Informationen über die Entscheidung der KI mussten mitgeliefert werden, und in welchem Format? Welche Maßnahme kann der Prozessbediener im laufenden Prozess anpassen, um Fehlproduktionen zu vermeiden?
Die Tonalität von Klingen
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt der vergangenen Jahre waren die Projekte „EMIL“ und „SMoSys“, wobei ersteres zusammen mit Prof. Beneke von der Fakultät Maschinenbau, Class und der Universität Kassel durchgeführt wurde. In SMoSys wurde dies dann im Verbund mit der Uni Kassel, der Uni Göttingen und Class weiterentwickelt. Hier waren für die technischen Lösungen eine Kombination aus Zugängen der klassischen Ingenieurswissenschaft und der Datenverarbeitung mit künstlichen neuronalen Netzwerken notwendig. Eines der größeren Verschleißteile von Landmaschinen wie Feldhäckslern sind die Klingen, mit denen die Agrargüter wie Mais geschnitten werden. Bedingt durch den Zeitdruck der Ernte müssen verschiedenen Wartungsprozesse auch kostenoptimiert gestaltet werden. Ein solcher Aspekt ist auch das Schleifen der Messer. Beide Forschungsvorhaben haben sowohl mit den Verschleiß, sowie mit der Prognose des Messerzustandes in realen Messumgebungen beschäftigt.
Fragen wie: „Wie lässt sich die Schärfe der Messer bestimmen?“ haben die beteiligten Forschungsgruppen natürlich auch beschäftigt. Hierfür wären allerlei technische Instrumente denkbar, die zwar eine Messung erlauben, aber zugleich mit einem hohen Aufwand verbunden wären. Im Rahmen des Projekts konnte zusätzlich ein praktikabler Ansatz, welcher auf bereits bestehende Gegebenheiten zurückgreift und in ihrem Aufwand minimal bleibt, erarbeitet werden. Professor Wenzel und sein Team griffen hierfür auf bereits integrierte Sensoren im Feldhäcksler zurück, welche die Schwingungen in der Nähe der Schneiden erfassen können. Wenn diese Schwingungen Auskunft über den Zustand der Klingen geben, könnte diese auch für die Entwicklung eines automatisiertes Monitoringsystems genutzt werden. Zuletzt war es wiederum die Aufgabe, aus den Daten eben jene belastbaren Signale und Muster zu extrahieren, an denen der Verschleiß der Klingen ablesbar war.
Professor Wenzel und sein Team befassen sich im Bereich der Landwirtschaft neben der Klingenschärfe der Feldhäcksler auch mit der Kartierung von Räumen für das autonome Fahren von landwirtschaftlichen Maschinen. Diese Aufgabe, die vor der Herausforderung einer eher rauen Umgebung steht, dient nicht zuletzt der optimalen Nutzung der natürlichen Ressourcen, zusätzlich werden auch Themenaspekte der Nachhaltigkeit behandelt. Für das Erkennen von Innovationspotenzialen und den Einsatz von KI-Algorithmen und eingebetteten Systemen sind intelligente Methoden sowie unterstützendes Know-how aus Sensorik, Prozessverständnis und praxisnahen Anwendungen für die Entwicklung von Lösungsansätzen für Industrie sowie Wissenschaft und Forschung von essentieller Bedeutung.
Ende August startete die letzte Assistentenexkursion nach Nürnberg. Ziel der sogenannten AssEx ist es, dass die Doktoranden der Hochschule Schmalkalden in Kontakt treten und sich über die Grenzen ihrer jeweiligen Disziplinen hinweg austauschen und vernetzen. Umrandet wurde der Besuch Nürnbergs von einem Rahmenprogramm, das mit dem Besuch des Unternehmens Hoefer & Sohn begann.
Norbert Greifzu im Austausch mit Martina Badock
Hoefer & Sohn, ansässig in Fürth, ist ein Spezialist für Kunststofffertigung und Präzisionsformenbau, der neben der Herstellung spezieller Werkzeuge auch die eigene Produktion komplexer Komponenten anbietet. Nach einer Unternehmensvorstellung wurden die Schmalkaldener Doktoranden von den beiden Inhabern Martina und Christoph Badock persönlich durch die neuste Produktionsstätte des 1876 gegründeten Familienunternehmens in Fürth geführt. Neben komplexen Bauteilen für moderne Dieselmotoren wurde unter anderem die vollständig automatisierte Herstellung von Augenspeeren vorgestellt, die bei Operationen des grauen Stars verwandt werden.
Im Anschluss bekamen die Promovenden die Möglichkeit, ihre Projekte vorzustellen und konstruktiver Kritik zu begegnen. Die Themen und Ansätze waren dabei so breit gefächert wie das Spektrum der Fächer an der Hochschule selbst. Ein Vorhaben befasst sich mit der Herstellung eines hochleitfähigen Kunststoffs, wobei nicht nur die verschiedenen, optimalen Materialien und ihrer Kombinationen zu erforschen sind, sondern auch die Herstellungsweise des Kunststoffs, zum Beispiel über das additive Verfahren des 3D-Drucks. Andere Projekte widmen sich der integrierten Kennzeichnung von Spritzgussprodukten, einem Drucksystem für die 3D-Elektronikintegration und verschiedenen Modellen der Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen KI-basierter Datenverarbeitungsprozesse. Den Abschluss machte dann Steffi Ludwig vom Projekt FH Personal, die über die Angebote der Hochschule an Promovenden informierte.
Rundgang durch die Produktionshallen
Der zweite Tag der AssEx wurde von einem Besuch des Reichsparteitagsgeländes abgerundet. Der Größenwahn der Nationalsozialisten wurde an der Architektur und der dahinterstehenden Ideologie des Führerkults greifbar wie die Intention der Massenmobilisierung und der Durchmilitarisierung der Gesellschaft. Angefangen an der geplant siebzig Meter hohen Kongresshalle führte der Besuch über die 1,5 km lange und 60 m breite Große Straße bishin zur Zeppelintribüne. Vom Deutschen Stadion mit einem angedachten Fassungsvermögen von 400000 Menschen wurde dagegen nur der Grundstein realisiert. Der Besuch einer historischen Gedenkstätte, die konkrete Erfahrung der Gigantonomie vor Ort und die Kontextualisierung durch einen Vertreter des Nürnberger Vereins „Geschichte für alle“ schlossen das Rahmenprogramm ab.
Die wahrlich nicht allzu eingängige Wortschöpfung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes stellt Unternehmen vor weitaus größere Probleme als jene der vollständigen Wiedergabe des Ausdrucks. Die Novelle des Gesetzes und vor allem die Verschiebung von einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Unternehmen hin zu einer verbindlichen Norm nehmen sich gerade für mittlere und größere Unternehmen als eine immense Herausforderung aus. Kurz gefasst verlangt das Gesetz nunmehr von den Unternehmen, die Einhaltung bestimmter ökologischer und menschenrechtlicher Standards ihrer unmittelbaren Zulieferbetriebe sicherzustellen. Somit müssen Unternehmen, die aus dem Ausland Materialien oder Waren beziehen, für die Produktionsverfahren und Arbeitsbedingungen ihrer Zulieferer Verantwortung übernehmen. Komplexe Beschaffungsstrukturen mit einem Vielerlei zerstreuter Lieferanten machen die Einhaltung dieser rechtlichen Vorgaben nicht eben leicht.
Professor Michael Dornieden, der an der Fakultät Wirtschaftswissenschaften die Professur für allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Beschaffung und Produktion innehat, ging den Auswirkungen der Gesetzesnovelle im Rahmen seines Praxissemesters nach. Weil sich die Gesetzesnovelle für die Unternehmen lange Zeit als eine Art black box unbekannten Inhalts ausnahm, war an dieser Stelle eine wissenschaftliche Begleitung ebenso sinnvoll wie konstruktiv. Welche Effekte die Anforderungen auf ein mittelständisches, gleichwohl international tätiges Unternehmen und seine Beschaffungsstrukturen zeitigt, konnte Professor Dornieden im Rahmen seiner Mitarbeit im Unternehmen Ottobock SE & Co. KGaA nachgehen. Als ein sogenannter hidden champion im Bereich des health tech ist dieses Unternehmen mit seinen fast 9000 Beschäftigten ein Weltmarktführer dezidiert im Bereich Prothetik. Aber auch auf anderen Feldern der Orthopädietechnik wird dem Unternehmen Expertise zuerkannt, so bei individuell-zugeschnittenen Rollstühlen oder auch Exoskeletten.
Überleitung zur Fragerunde
Neben der Spezialisierung der Produkte weist das Unternehmen im Bereich der Beschaffung einen hohen Grad der Diversifizierung und ein heterogenes Portfolio auf, was die Übersicht und Kontrolle der Lieferketten zumindest nicht erleichtert. Um also die Folgen der Gesetzesnovelle abzusehen galt es für Professor Dornrieden zunächst, den Status quo zu analysieren. Welche Lieferketten bestehen, wie viele Lieferanten gibt es, welche Art von Verträgen mit welchen Konditionen (zum Beispiel in Hinsicht der Einhaltung von Standards) liegen mit den Partnern vor usw.? Anhand dieser Prüfung konnte dann im nächsten eine Konsolidierung der Lieferstrukturen konzipiert werden, die zugleich den Ansprüchen der Sorgfaltspflicht entgegenkam. Eine Möglichkeit der Optimierung besteht darin, die Zerstreuung der Lieferanten zu reduzieren und die Beschaffungswege wo möglich zu bündeln. Weil durch die Harmonisierung weniger Elemente innerhalb der Beschaffung zu berücksichtigen sind, sollte die Kontrolle der Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien leichter fallen. Daneben wäre ein anderer Ansatz, Verträge mit den Lieferanten anhand der rechtlichen Vorgaben auszurichten und die Kriterien somit verbindlich zu setzen. Diese Integration ist allerdings nur mittel- bzw. langfristig möglich.
Die Möglichkeit, die Folgen von Veränderungen rechtlicher Rahmenbedingungen direkt in betroffenen Unternehmen zu studieren und diesen im Umgang mit den entstehenden Herausforderungen zu unterstützen, bot Professor Dornieden eine gewinnbringende Erfahrung direkter Mitwirkung.
In den letzten Jahren konnten wir vermehrt ebenso trockene wie heiße Sommermonate erleben, in denen sich unsere Innenstädte zum Teil stark erwärmten. Gerade stark bebaute, versiegelte Stadtteile wiesen signifikant erhöhte Temperaturen auf und machten offenkundig, wie nützlich Grünflächen, Bäume und Wasserläufe für die Abkühlung urbaner Areale sind.
Nicht nur unterscheiden sich die klimatischen Bedingungen von Städten und ländlichen Gebieten, auch zwischen den Zentren und den Randzonen der Städte selbst treten Abweichungen auf. Zwar bestehen diese Temperaturunterschiede ganzjährig, im Sommer zeitigen sie jedoch spürbarere Effekte: So nahm die Zahl an Tropennächten, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad Celsius fällt, in stark verdichteten Innenstädten in der jüngsten Vergangenheit zu. Bis zu dreimal häufiger tritt dieses Phänomen mittlerweile auf. Die Hitze wird dabei von den versiegelten Flächen gespeichert und langsamer abgegeben als in begrünten und beschatteten Bereichen. Dieses Phänomen wird als urbaner Hitzeinseleffekt (UHI-Effekt) bezeichnet und wird uns als Folge des Klimawandels bereits in naher Zukunft noch häufiger betreffen.
Die Randlagen der Städte neigen demgemäß deutlich weniger zur Hitzebildung und -konservierung. Diese Abweichungen werden von den üblichen Instrumenten zur Ermittlung der Temperatur nur ungenügend erfasst, findet die Messung doch zumeist zentral an einem Ort statt und deckt so nicht den ganzen Stadtraum ab. Eine Bürgerinitiative in Bamberg nahm die Unterschiede zwischen der statistischen und der wahrgenommenen Temperatur zum Anlass für eine experimentelle Messung: An verschiedenen Stellen der Stadt wurden die Temperaturen über einen Tag stündlich abgetragen und verglichen, wobei sich Abweichungen von bis zu sieben Grad Celsius ergaben. Das Phänomen unterschiedlicher Wärmeentwicklung und die weitgehenden Effekte auf die Menschen vor Augen, lässt sich fragen, ob es nicht andere Möglichkeiten gibt, an meteorologische Daten zu kommen, die ein umfassenderes und detailliertes Bild zeichnen.
Klassisches Instrument zur Ermittelung der Umgebungstemperatur
Was ist Crowdsourcing?
Eine Möglichkeit besteht darin, die Quellen der Daten zu erhöhen und damit zugleich eine erweiterte räumliche Abdeckung zu erreichen. In den letzten Jahren hat sich die Anzahl an Sensoren, die uns in unserem Alltag begleiten, massiv erhöht. Dies reicht von den offensichtlichen Smartphones, in denen selbst verschiedene Sensoren Platz finden, bis hin zu sensorischen Anlagen in Autos und smarten Geräten wie Fitnessarmbändern und Ähnlichem. Nicht zuletzt haben sich durch die Verbreitung und Verfügbarkeit leistungsfähiger Sensoren die Preise für hochwertige, vernetzte Wetterstationen für die private Nutzung stark vergünstigt.
Durch diese Sensoren wird unsere Welt beständig vermessen und zugleich ein umfassender Pool an Informationen gesammelt. Neben den mittlerweile üblichen Kameras und Mikrofonen sind in diesen Geräten auch Sensoren verbaut, die meteorologische Daten erheben können. Über eine Verkopplung mit ebenfalls verfügbaren GPS Koordinaten ließe sich so eine Vielzahl an Wetterdaten und Metadaten erzeugen. Eine andere Möglichkeit, um die Datenlage zu erweitern, bietet sich im Rückgriff auf private Wetterstationen, die zugleich mit dem Internet verbunden sind. Auch über sie kann die Quellensituation immens erweitert werden. Gerade weil im letzten Jahrzehnt die Verfügbarkeit und Bedienbarkeit von Instrumenten der Umweltbeobachtung leichter wurde, können sich nunmehr auch Laien an der Gewinnung und Auswertung von Daten beteiligen. Zugleich sind diese Daten durch die Netzwerkwerkfähigkeit der Geräte und die weiter reichende Abdeckung mit dem Internet universell und in Echtzeit abrufbar. Nicht zuletzt erlaubt die moderne Datenverarbeitung eine effiziente Datenselektion und die Übermittlung von Metadaten über den Standort, die Aufstellung und den Sensortyp, die für die Einschätzung der Messwerte relevant sind.
Just dieser Vorgang lässt sich als Crowdsourcing fassen, also der Vervielfältigung der Quellen von Datenmaterial außerhalb der Standardmessnetze. Zugleich besteht die Herausforderung in der Nutzung dieser Quellen darin, die Qualität der Daten und damit die Validität der Messungen gewährleisten zu können. Welche Instrumente eignen sich unter welchen Umständen für die Ermittlung von welchen Daten, wie lassen sich Messfehler vermeiden? Oder anders: Was sind die Bedingungen und Möglichkeiten der Nutzung von Crowdsourcing zur Gewinnung von atmosphärischen Messdaten? Und: Wie lassen sich Fehler in der Messung vermeiden und wie können Programme fehlerhafte oder unsichere Daten aussortieren? Genau diesen Fragen geht einer Gruppe von Forschenden in einem Beitrag für die Fachzeitschrift „Gefahrstoffe. Reinhaltung der Luft“ nach, an dessen Erstellung sich auch Prof. Roy Knechtel von der Fakultät für Elektrotechnik an der Hochschule Schmalkalden beteiligte, der an dieserHochsule für angewandte Wissenschaft die Professur fur autonome, intelligente Sensoren innehat. Dabei dient der Artikel auch der Vorbereitung einer entsprechenden VDI-Richtlinie, in die Fragen der Sensortechnik, der Sicherung der Datenqualität und die Möglichkeiten der Datenverarbeitung aufgegriffen werden sollen.
Was sind die Bedingungen für die Messung von Sensoren?
Die Anhebung der Quantität heißt nicht automatisch, dass sich auch die Qualität der Daten erhöht. Für die verschiedenen Aufgaben der Ermittlung von Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchte braucht es unterschiedliche, spezifische Sensoren und angepasste technische Lösungen. Die Herausforderungen der Umsetzung sind neben der erforderlichen Qualität der Detektion auch Variablen der Effizienz, also unter anderem der Energieverbrauch, und die Komplexität der Integration.
Die hohen Anforderungen an Messeinrichtungen und Sensoren stellen wiederum Ingenieure speziell der Elektrotechnik vor Herausforderungen: Welche Charakteristika müssen die Sensoren und die sie fassenden Bauteile aufweisen, damit die Funktionalität gewahrt bleibt und zugleich die meteorologischen Daten verlässlich erhoben werden können? Um nur ein Dilemma zu nennen, das abgewogen werden muss: Einerseits müssen die Instrumente von ihrer Umwelt getrennt werden, andererseits müssen sie einen möglichst direkten und unverstellten Zugang zum Messobjekt haben.
Nicht alle Geräte, in denen Sensoren verbaut sind, eignen sich in gleicher Weise: Smartphones, die eine hohe Verbreitung aufweisen, haben über ihre Sensoren keinen direkten Kontakt zur der sie umgebenden Luft und werden zudem eng am Körper getragen. Im momentanen Stand der Technik eignen sie sich folglich nicht zur Bestimmung der Temperatur. Dagegen sind die in privaten Smart Homes verbauten Instrumente zumindest teilweise für die Messung geeignet. Ab davon bietet sich im Rückgriff auf privat genutzte Wetterstationen die Möglichkeit, auf einen großen und weit verteilten Datenpool zurückgreifen zu können.
Die Aufgaben der Messinstrumente der Reihe nach: Niederschlagsmenge, Temperatur, Windrichtung und -stärke (per Ultraschall)
Smarte Sensoren und ihre Herausforderungen
Als Smart-Sensoren werden Sensoren bezeichnet, die über die Messgrößenerfassung hinaus auch die Signalaufbereitung und -verarbeitung in einem Objekt vereinigen, die anders gesagt „eine funktionelle und konstruktive Einheit eines oder mehrerer Sensorelemente und einer geeigneten Elektronik“ (VDI Gefahrstoffe 82 (2023), Nr. 07-08, S. 212) bilden. Die meteorologischen Messelemente zum Zwecke der Ermittlung von Temperatur, Feuchte, Luftdruck und Strahlung konnten erst in den letzten Jahrzehnten auf den Chips integriert werden. Nicht nur konnte die disponible Anzahl der Sensoren vergrößert und gleichzeitig ihre Kosten reduziert werden, auch ihre Qualität der Messtechnischen Eigenschaften konnte sichergestellt werden.
Als Beispiel soll hier nur die Sensortechnik Erwähnung finden, die zum Messen der Temperatur dient. Auch wenn es möglich ist, eigene Sensoren einzubauen, die die Lufttemperatur über Messwiderstände ermitteln und letztlich nahe an der klassischen Messung über Widerstandsthermometer bleiben, ist eine andere Lösung weitaus effizienter, greift diese doch auf schon vorhandene, thermosensible Elemente in integrierten Schaltkreisen zurück. Grob vereinfacht wird hierbei auf den Abstand zwischen Leitungs- und Valenzband des Siliziums zurückgegriffen, der sich mit der Temperatur verändert. So vermindert sich der Aufwand ohne dass die Qualität der Messung Einbußen erführe. Speziell die Ermittlung der Temperatur hat aber ihre Tücken: Weder darf die Messeinheit direkt dem Sonnenlicht ausgesetzt sein noch zu nahe an die Wärme reflektierenden oder absorbierenden Strukturen wie Wänden. Auch müssen die Messgeräte den Stau von Wärme vermeiden und für eine beständige Belüftung sorgen. Eine valide Messung der Temperatur muss all diese Faktoren beachten.
Neben der Luftfeuchte und dem Luftdruck lässt sich auch die Sonneneinstrahlung und die Konzentration verschiedener Gase ermitteln. Des Weiteren können auch die Richtung und die Stärke des Windes gemessen werden, die Menge des Niederschlags sowie die Bodenfeuchte und Bodentemperatur. Wiederum sind für jede die Aufgaben spezielle Instrumente der Messung zu entwickeln, die die Erhebung der Daten in der gebotenen Exaktheit erlauben. Die Windstärke wird beispielsweise weniger über minimalisierte Propeller gemessen, ist deren Verschleiß doch zu hoch, sondern mit Hilfe von Ultraschall.
Innenansicht des Instruments zur Niederschlagsmessung (Niederschlagswaage). Funktion: Flüssigkeit wird über den Trichter (s.o.) gesammelt und auf die Schaufel transportiert. Bei einem gewissen Füllstand klappt diese dann um und die zweite Schaufel wird gefüllt. Jeder Umschlag der Wippe wird dann als Gesamtvolumen zusammengenommen.
Was ist die Aufgabe der VDI-Richtlinien
Der Artikel, eine Kooperation von Thomas Foken, Benjamin Bechtel, Matthias Budde, Daniel Fenner, Roy Knechtel und Fred Meier dient der Vorbereitung einer entsprechenden VDI-Richtlinie. Diese technischen Normen werden vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) aufgestellt: Sie halten Empfehlungen, Standards und Regeln im Bereich der Ingenieurwissenschaften bereit und dienen kurz gefasst als grundlegende Orientierung und Vereinheitlichung ingenieurwissenschaftlicher und angewandter Arbeit. Es geht also um einen Grundstock an Empfehlungen für Ingenieur:innen im Umgang mit Geräten, Medien und u.a. Techniken. Gerade bei neuen technologischen Entwicklungen wie dem Crowdsourcing stellen die Richtlinien die Qualität und die instruktive Verwendung in einem sich schnell entwickelndem Forschungsfeld sicher.
Neben Kriterien der Beurteilung und Bewertung stellen die Richtlinien Hilfestellungen in Form spezifischer Arbeitsunterlagen und Entscheidungshilfen bereit. Zudem geben sie Einschätzungen der technischen Standards und Anleitungen der Anwendung. Kurz zielt dies auf technische Prozess- und Problemlösungen und deren gelingende Realisierung. Damit die meteorologischen Daten des Crowdsourcings also zu validen, verlässlichen Quellen der Information werden können, engagieren sich Forschende wie Roy Knechtel ehrenamtlich an der Erstellung von VDI-Richtlinien.
Um ihre Funktion optimal erfüllen zu können, müssen komplexe Werkzeugmaschinen wie Fräsmaschinen unter möglichst idealen Bedingungen eingesetzt werden, was beispielsweise die Prozessgestaltung und -auslegung anbetrifft. Hierbei besteht oft ein Dilemma, zwischen dessen Extremen abgewogen werden muss: Zwar sorgen gesteigerte Prozessparameter bei Zerspanprozessen für eine erhöhte Produktivität, jedoch kann dies bei ungünstigen Prozessauslegungen zu Einbußen in der Qualität der gefertigten Produkte führen. Zudem können die verwendeten Werkzeuge und Maschinen in Folge erhöhter Belastungen schneller verschleißen. Auch bezüglich der Kosten- und Energieeffizienz wirkt sich die Prozessgestaltung wesentlich aus. Aufgrund einer multifaktoriellen Kostenstruktur und vieler Einflussgrößen sind aber auch hierzu viele Daten und oft aufwändige Optimierungszyklen notwendig. Somit gilt es, verschiedene Variablen und Einflussfaktoren ebenso in Betracht zu ziehen wie divergierende Ziele der Produktion.
Um Fertigungsprozesse zu optimieren ist es eine Option, Maschinen mit einem Vielerlei an Sensoren auszustatten und die entsprechenden Zielgrößen schlicht während der Produktionsprozesse empirisch zu messen. In einer idealen Variante würden diese Messungen direkte Effekte beim Herstellungsprozess zeigen und so das produktive Optimum durch Anpassungen erreicht werden können. Wie üblich ist dies in der Wirklichkeit nicht ganz so einfach: Ein zentraler Einflussfaktor für die Werkstückqualität und den Verschleiß der Werkzeuge ist beispielsweise die Temperatur, die an den Werkzeugschneiden wirkt. Leider ist es mit den sensorischen Mitteln und Instrumenten der Gegenwart nicht oder nur mit extremem Aufwand möglich, die Temperatur ausreichend exakt zu ermitteln. Ähnlich verhält es sich bei der empirischen Bestimmung der mechanischen Belastungen. Um den Fertigungsprozess dennoch optimieren zu können, bietet sich unter solchen Konditionen die Simulation als Instrument der ex-ante-Modellierung und der multivariaten Evaluierung von Fertigungsprozessen und Werkdesigns an. Auch auf makroskopischer Ebene, d. h. bei Betrachtung ganzer Prozesse, bieten Simulationsexperimente verschiedene Möglichkeiten, Prozesse ohne Produktionsunterbrechungen und Materialeinsatz schneller und somit kostengünstiger gestalten und verbessern zu können.
“Einsatz Finite Elemente-basierter Spanformsimulationen zur Anpassung von Fräswerkzeugen”
Die Effizienz von Simulationen
Dr. Andreas Wirtz trat zum August 2022 die Professur für Fertigungstechnik und virtuelle Prozessgestaltung innerhalb der Fakultät für Maschinenbau an der Hochschule Schmalkalden an. 2019 promovierte er an der TU Dortmund im Bereich der simulationsgestützten Auslegung energieeffizienter NC-Fräsprozesse. Sein Forschungsschwerpunkt war hierbei die Mehrzieloptimierung von Fräsprozessen unter Berücksichtigung der Werkstückqualität, benötigten Prozesszeit und dem Energiebedarf. Hierzu gehörte die modellbasierte Abbildung und Vermeidung regenerativer Werkzeugschwingungen, welche zu einer unzureichenden Werkstückqualität und erhöhtem
Werkzeugverschleiß oder Werkzeugversagen führen können. Neben der Werkstückqualität stand auch der Energieverbrauch in seinem Fokus: Welche Vor- und Nachteile bieten verschiedene Bearbeitungszentren und Prozessauslegungen unter den Parametern der Werkstückqualität, der Produktivität und der Energieeffizienz? Oder anders: Unter welchen Zielvorgaben ist welche Maschine mit welchen Parametereinstellungen für welche Verfahren am besten geeignet? Die computergestützte Simulation von Fertigungsprozessen bietet hierbei den Vorteil, bereits vor der Durchführung kosten- und aufwandsintensiver Versuche und Anpassungsmaßnahmen optimierte Prozesse zur effizienten Herstellung von Produkten mit anforderungsgerechter Qualität gestalten zu können. So können Neuplanungen und Anpassungsmaßnahmen besonders auch für flexible Fertigungssysteme effizient geplant und virtuell erprobt werden.
“Ablauf Fräsprozess”
Smarte Kreisläufe in der industriellen Produktion
Die Simulation sowohl von Produktionsprozessen als auch von komplexen Fabriken gewinnt im Zuge der Einführung von Maßnahmen zur Digitalisierung, Vernetzung und Autonomisierung der industriellen Produktion sowie deren Verschränkung mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien an immer mehr Einfluss. Auch wenn es dem Begriff selbst an konzeptioneller Schärfe mangelt werden diese Transformationen in der öffentlichen Debatte häufig unter dem Signum Industrie 4.0 rubriziert. Ziel ist es, ganze Wertschöpfungsketten in Echtzeit zu optimieren und bei laufender Produktion flexibel auf Veränderungen der Anforderungen, innerhalb der Prozesse selbst und beispielsweise der Umweltbedingungen reagieren zu können. Dies meint, dass in den langen und komplexen Produktionsketten der modernen Industrie die Verzögerung eines Teilabschnitts nicht den gesamten Prozess aufhält, sondern sich dieser umstellt und seine verschiedenen Abläufe anpasst.
Das Zielsystem, um das es hier geht, ist also kein statisches, sondern ein flexibles, das sich je nach Faktoren, Bedingungen, verändern kann. Ein Aspekt in dieser komplexen digitalisierten Organisation der Produktion sind die Fertigungsprozesse selbst, also zum Beispiel die Fräsprozesse. Die Digitalisierung bietet dabei zugleich die Möglichkeit, natürliche Ressourcen zu schonen und dem Aspekt der Nachhaltigkeit ein ihm gebührendes Gewicht zuzuerkennen. Über die digitale Vernetzung des Produktionsprozesses besteht auch die Chance, anforderungsgerechte, effiziente Verfahren zu etablieren.
Ein Teilaspekt dieser Digitalisierung ist wiederum die Simulation der Herstellungsprozesse zum Beispiel in Form digitaler Zwillinge. Diese virtuellen Abbilder mitunter ganzer Fabriken dienen der Analyse und Evaluation von Anpassungsmaßnahmen und deren Effektivität, um schließlich die Flexibilität der ganzheitlichen Produktion und ihr Leistungsniveau abschätzen zu können. Durch Integration von Simulationsmodellen können Anpassungsmaßnahmen in verschiedenen Varianten vor dem Ausrollen erprobt und validiert werden.
Schutzschichten in unwirtlichen Umgebungen
Ein bereits abgeschlossenes Forschungsprojekt unter Mitwirkung von Prof. Wirtz ist die mechanische Nachbehandlung von Korrosionsschutzschichten. Hierbei geht es um den Schutz der von ihrer Umwelt stark belasteten Strukturelemente beispielsweise von Offshore-Windenergieanlagen. Damit sich die Investitionen in die Windkraft nachhaltig lohnen, sollten die Anlagen so lange wie möglich ohne Beschädigungen und notwendige Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten auskommen können. Die rauen klimatischen Bedingungen der Nordsee vor Augen wird klar, wie groß die Herausforderungen für die verwendeten Materialien sind, die langfristig Schutz vor Wasser, Wind und Salz bieten müssen.
Diese protektive Qualität können einerseits die verwendeten Materialen einholen, andererseits aber auch über spezielle Verfahren der mechanischen Bearbeitung der Schutzschichten erreicht werden. Über das nachträgliche maschinelle Oberflächenhämmern werden Schutzbeschichtungen nicht nur dichter und härter, die Oberfläche wird weniger rau und porös. Folglich bieten diese Schichten weniger Angriffsfläche für Umwelteinflüsse und Korrosion. Durch die Einbringung von Druckeigenspannungen mittels der mechanischen Nachbehandlung können auch die negativen Effekte der mechanischen Belastungen der Werkstücke durch Wind und Wellen, wie die Bildung und Ausbreitung von Mikrorissen gehemmt werden. Auch wenn also die Korrosions- und Ermüdungsvorgänge nicht vollständig aufgehalten werden können, so können ihre Auswirkungen doch miniminiert und die Haltbarkeit der Bauteile der Offshore-Windräder verlängert werden. Gleichzeitig können auf diese Weise die durch die verwendeten Beschichtungen erzeugte Umweltbelastung sowie notwendige zusätzliche Nachbehandlungsschritte, wie organische Beschichtungen, reduziert werden.
“Prof. Wirtz und Studierende im Seminar”
Kooperative Kontakte
Prof. Wirtz wurde im Sommer 2022 als erster Juniorprofessor an die Hochschule Schmalkalden im Rahmen einer Tandem-Professur in Kooperation mit der GFE, der Gesellschaft für Fertigungstechnik und Entwicklung Schmalkalden e. V., berufen. Als Teil des bundesweiten Förderprogramms „FH-Personal“ sollen diese Professuren Nachwuchswissenschaftlern den Einstieg in eine wissenschaftliche Karriere erleichtern. Zu gleichen Teilen arbeitet, lehrt und forscht Prof. Wirtz nun an der Hochsuche und der GFE: Neben seiner Professur ist er gleichzeitig wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Gesellschaft für Fertigungstechnik und Entwicklung. Ihm bietet sich so die Gelegenheit, sich neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit in Forschung und Lehre auch für Fachhochschulprofessuren weiterzuqualifizieren. Letztere verlangen aufgrund ihrer Schwerpunktlegung auf Fragen der Anwendung eine mehrjährige Tätigkeit außerhalb des Hochschulbereichs und dementsprechende aberufspraktische Erfahrungen.
Kurzum werden somit also zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, was aber letztlich der Vereinfachung des Berufseinstiegs von Wissenschaftler:innen wie Prof. Wirtz zu Gute kommt. Im Rahmen der Tandem-Professur kann er nicht nur Forschung und Lehre produktiv verbinden, sondern auch angewandte Wissenschaft und Forschungstransfer mit der Grundlagenforschung. Diese sich so bietenden Möglichkeiten der Kombination, verknüpft durch räumliche Nähe und den kooperativen Dialog der Hochschule Schmalkalden und der GFE, macht einen Reiz dieser Stelle aus.
Die autonome Beförderung in selbststeuernden Fahrzeugen scheint uns mittlerweile eine vertraute Vision einer nicht mehr allzu fernen Zukunft. Unzählige Akteure aus verschiedenen Bereichen von akademischer Wissenschaft über kommerzielle Projekte von Unternehmen aus der Wirtschaft bis hin zu Programmen der öffentlichen Verwaltung sind damit beschäftigt, diese neuen Formen der individuellen Mobilität zu konzipieren und ihre technische sowie rechtliche Realisierung intensiv voranzutreiben. Weit weniger Aufmerksamkeit erhalten dagegen kleinere autonom operierende Systeme, sogenannte Mikromobile, die auf Fuß- und Radwegen fahren. Diese kleinen Transportfahrzeuge bringe Waren selbststeuernd von Punkt a zu Punkt b, säubern die Umgebung oder bringen E-Roller zu Mietstationen zurück. Sie sorgen für Entlastung, indem sie zum Beispiel Senior:innen bei ihren alltäglichen Erledigungen unterstützen. Zwar ähneln sich manche der Herausforderungen zu jenen des autonomen Fahrens, es bestehen in diesem Bereich aber auch gänzlich eigene ingenieurwissenschaftliche Fragestellungen.
Im Projekt „RoboTraces. Robots are in town“ erschließt eine Gruppe von Forschenden also ein bis dato wenig beachtetes Transportmittel, das sich als ein Element im Transformationsprozess der modernen Mobilität und des Warenverkehrs ausnimmt. Prof. Sebastian Zug von der Technischen Universität Bergakademie Freiberg und Prof. Frank Schrödel von der Hochschule Schmalkalden gehen dabei nicht nur Fragen der technischen Umsetzung nach, ihr Ansatz weist ferner eine Erweiterung der Perspektive um eine rechtliche und sozialwissenschaftliche Dimension gerade in Hinsicht des praktischen Gebrauchs der Roboter und deren alltäglichen Interaktionen mit Menschen auf.
Workshop in Freiberg
Die kooperative Interdisziplinarität, die sich auch an den Arbeitsfeldern der beteiligten Wissenschaftler:innen ablesen lässt, dient dazu, die autonome Mikromobilität aus differenzierten Blickwinkeln zu beleuchten. Hierzu müssen unter anderem zwei Perspektiven, die sich wesentlich unterscheiden, verschränkt werden: Die Sicht der Mikromobile und die Sicht der Umwelt. Dies meint, dass sowohl die technischen Herausforderungen und infrastrukturellen Bedingungen der autonomen Logistik im Fokus stehen wie die Akzeptanzkriterien der Gesellschaft im Umgang mit den Robotern. Aus dieser Anlage wird klar, wie breit gefächert der Katalog an Aufgaben und Themen ist, denen sich die Beteiligten in dem Projekt widmen.
Das Ziel ist der Weg
Anders als die autonomen Fahrzeuge des Individualverkehrs sollen sich die Mikromobile zumeist nicht auf Straßen bewegen, sondern auf den Fuß- und Radwegen unserer Innenstädte und Wohnviertel. Sie befahren mithin Bereiche der Öffentlichkeit, auf denen sich Passant:innen auf je eigene Weise fortbewegen, mal langsam und mal schnell, mal gerade und mal mäandernd usw. Zwei Aufgaben kommen zusammen: Einerseits müssen sich die Roboter selbst steuern können und die Fähigkeiten haben, sich auf unterschiedlichem Terrain zu orientieren und Hindernisse zu erkennen sowie diese zu überwinden. Andererseits bewegen sich die Fahrzeuge in einem geteilten Raum, in welchem sie auf andere Verkehrsteilnehmer reagieren müssen. Letzteres ist ein diffiziles Problem, da diese Einschätzung untern anderem eine Qualität der Prognose, also die Abschätzbarkeit menschlichen Handelns, verlangt.
Konfiguration der Robotor
Wie die autonomen PKWs müssen die Roboter auf ihre Umwelt achten und etwaige Gefahrenquellen erkennen, um sich möglichst sicher in dem engen, geteilten Raum der Innenstädte fortbewegen zu können. Die Transportroboter sind so zu programmieren, dass sie stoppen, sofern absehbar ein Risiko auftritt; und eben dafür müssen sie Bewegungsabläufe in einem gewissen Maße voraussehen können, also was die eventuellen nächsten Schritte sein könnten oder was es für Folgen hätte, wenn die Person spontan anhalten würde. Für diese Einschätzung bedarf es einer großen Mengen an Daten des Verhaltens von Passant:innen im öffentlichen Raum, die bislang in der benötigten Form und Qualität nicht vorliegen.
Die grundlegende Intention des Forschungsprojektes ist es, die für die Akzeptanz zentralen Parameter des Einsatzes autonomer Lieferroboter im öffentlichen Raum wie Größe, Geschwindigkeit und Abstand zu bestimmen und zudem über eine systematische Datenerhebung Interaktionsmuster und objektive Rahmenbedingungen zu konkretisieren. In zwei prototypischen urbanen Testgebieten in Gera und Freiberg wird der Einsatz der Roboter bis zum Herbst 2023 erprobt und zugleich die Reaktion der Umgebung, also der Umgang der Passant:innen mit den Robotern, gesichtet und wissenschaftlich ausgewertet. Durch die langfristige Anlage der Testphasen können verschiedene Szenarien von Licht- und Wetterverhältnissen bis hin zum unterschiedlichem Aufkommen von Passant:innen einbezogen und somit das Bild der gewonnen Daten diversifiziert und vervollständigt werden. So entsteht eine belastbare Datenlage, die weiteren Forschungsvorhaben als sicherer Ausgangspunkt dienen kann.
Die Schwere des scheinbar Leichten
Die Konstruktion solcher Roboter und die Automatie ihrer Bewegung im Raum ist dabei alles andere als ein unterkomplexes Problem. Nur als ein Beispiel wird hier auf die Herausforderung der räumlichen Wahrnehmung kurz eingegangen. Zunächst erkennen Transportroboter ihre Umwelt – neben anderen Sensoren – wenig überraschend mit Hilfe von Kameras. Aber schon wird es schwierig und wir Menschen müssen uns von unserem Zugang zur Welt trennen: Die von den Kameras erzeugten Bilder sind zunächst zweidimensionale Flächen, denen die dritte Dimension, also der Raum, fehlt. Wir müssen uns dies als ein klassisches Foto denken, auf dem alles zunächst auf einer Ebene liegt. Um hierin weitere Dimension wie den Raum und die Zeit einzutragen, die beide für das Abschätzen von Bewegungen zentral sind, bedarf es wiederum technischer Lösungen.
Austausch beim Workshop
Ein Weg, die dritte Dimension zu integrieren, ist die Verwendung zweier Kameras und eine daran anschließende computergestützte Verarbeitung. Durch die so gewonnene Räumlichkeit lassen sich Distanzen und Bewegungen einschätzen, auch wenn es hierfür wiederum komplexer Prozesse der Datenverarbeitung bedarf, was wiederum einen Zusatz an technischem Aufwand mit sich führt. Zugleich sind im Straßenverkehr das Tempo und die Genauigkeit der Berechnung relevante Faktoren um Unfälle vorab zu vermeiden. Was also zunächst einfach klingt – die Wahrnehmung der Umwelt – entpuppt sich als eine komplizierte technische Aufgabe.
Teile des Ganzen
Zum einen befassen sich die RoboTracers mit der technischen Realisierung der Transportroboter: Wie müssen diesen für den urbanen Raum aufgebaut und gestaltet sein, um ihre Aufgaben optimal erfüllen zu können? Neben Fragen der Größe, der möglichen Reichweite und Traglast geht es auch um die Rahmenbedingungen der Infrastruktur, die in Hindernissen wie Bordsteinen, Schrägen und Löchern sowie fehlender Beleuchtung bestehen können. Auf was, für welche Situationen muss ein Lieferroboter im Zweifel vorbereitet sein? Auch Fragen wie jene der benötigten Breite der Wege spielen hier eine Rolle.
Testfahrt in Freiberg
Zum anderen geht es dem Projekt um die Erhebung von Daten, die den Einsatz der Roboter unter realistischen Bedingungen abbilden und als Grundlage für die weitere Entwicklung dienen können. Die Frage ist, welches Set an Sensoren hier die notwenigen Daten über die Umgebungserfassung und das Verhalten der Passanten liefern. Ferner bedarf es komplexer Bearbeitungsprozesse, um aus einer reinen, ungeordneten und im Zweifel recht umfänglichen Sammlung an Daten nutzvolle Informationen zu selektieren.
Der dritte Teil stellt dann die Mensch-Maschinen-Beziehung in ihr Zentrum: Wie lassen sich Kriterien und Parameter eines subjektiven Sicherheitsgefühls in ein tragfähiges Akzeptanzmodell überführen? Wie müssen die Roboter aussehen und wie sollten sie sich bewegen, um einerseits nicht als potentielles Risiko oder eine Gefahrenquelle wahrgenommen zu werden und andererseits im Fußgängerverkehr nicht unterzugehen? Um sich der Interaktion zwischen Passant:innen und den Mikromobilen anzunähern, werden die Testfahrten begleitet und die Reaktionen der Umgebung videographisch festgehalten, um in einem nächsten Schritt ausgewertet zu werden. Wie es grundlegende Ansätze der Forschung an sich haben, bedarf es auch hier zunächst der Entwicklung von Maßstäben und Kriterien der Bewertung, um über diese dann weitere, vertiefende Studien ausführen zu können.
Testfahrt in Freiberg
Nicht zuletzt geht es dem Projekt auch um die Klärung, ob und wie rechtliche Rahmenbedingungen für diese Form der Logistik notwendig sind und wie diese ausgestaltet werden müssen. Um die Fragen gesetzlicher Anpassungen im Straßenverkehrs-, Haftungs- und Datenschutzrecht eruieren zu können werden auch die Erkenntnisse aus den anderen Bereichen herangezogen. Dies soll den Weg ebnen für den späterem Einsatz der Lieferroboter und administrative Genehmigungsverfahren als Grundlage dienen.
Über die Beteiligten
Prof. Frank Schrödel hat die Professor für Antriebs-, Automatisierungs- und Robotertechnik an der Hochschule Schmalkalden inne, die an der Fakultät für Maschinenbau angesiedelt ist. Die Leitthemen seiner Forschung sind das autonome Fahren, die Industrie 4.0 und Social Robots. Die Klärung der rechtlichen Aspekte übernimmt Prof. Ulf Müller aus dem Bereich Wirtschaftsrecht an der HSM. Er ist zudem Teil des Forschungsschwerpunktes „Rechtsordnung der digitalen, nachhaltigen und standardisierten Wirtschaft und Gesellschaft“, was die Nähe zum RoboTrace-Projekt nochmals verdeutlicht.
Prof. Frank Schrödel
An der Technischen Universität Bergakademie Freiberg hat Prof. Sebastian Zug die Professur für Softwaretechnologie und Robotik und ist zugleich an der Arbeitsgruppe Softwareentwicklung und Robotik beteiligt. Seine Forschungsschwerpunkte im Horizont mobiler Systeme liegen auf der robusten Umgebungserfassung und Erreichbarkeitsanalysen in realen Szenarien.
Prof. Sebastian Zug
Neben wissenschaftlichen Mitarbeitenden und Partnern aus Politik und Wirtschaft lässt sich die Einbindung von Assistant Professor Felix Wilhelm Siebert hervorheben, der an der Technischen Universität Dänemark im Bereich der Verkehrspsychologie forscht. Neben der Experimentalpsychologie widmet er sich Mensch-Maschinen-Verhältnissen und Fragen der Fahrzeug- sowie Verkehrssicherheit.
Assistant Professor Felix Wilhelm Siebert
Zum Abschluss kann noch auf ein Video der Allianz ThürIng verwiesen werden, das aus Anlass des Workshops entstanden ist:
Wir bedanken uns für die finanzielle Unterstützung des Projektes durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr unter dem Förderkennzeichen 19F1117A (Förderprogramm mFUND).
Der Begriff der Zeitinkonsistenz ist ebenso komplex wie er in verschiedenen disziplinären Kontexten unterschiedliche Charakteristika aufweist. Zeitinkonsistenzen bestehen zunächst allgemeinhin dann, wenn sich ein Faktor, zum Beispiel eine Einstellung gegenüber einem Thema, im Laufe der Zeit verändert, obwohl die relevanten Einflussgrößen stabil bleiben und folglich nicht die Ursache für den Wandel sind.
Lebensweltlich lässt sich unser Verhältnis zu Diätplänen mit diesem Begriff ganz gut beschreiben: Fassen wir das Vorhaben, in zwei Wochen mit einer Diät zu beginnen, überzeugt uns dieses Ansinnen vollständig und wir sind von dessen Realisierbarkeit und unserem Willen, das Projekt nun endlich anzupacken, vollends überzeugt. Rückt aber der Zeitpunkt einer aktiven Umsetzung näher, umso mehr verliert der Plan an Attraktivität und letztlich auch an unserer Unterstützung. Begänne die Diät bereits morgen, schöben wir sie bedeutend schneller auf. In der Zeit ändert sich also die Bewertung, auch wenn die äußeren Parameter gleichbleiben.
Prof. Robert Richert aus der Fakultät der Wirtschaftswissenschaften versucht, dem Begriff eine weitere Facette hinzuzufügen und mit seiner Hilfe sowohl Phänomene der Wirtschaftspolitik zu erschließen als auch ein Konzept für die Einschätzung der sozioökonomischen Lage bereitzustellen. Nach seiner Definition liegen Zeitinkonsistenzen dann vor, wenn der relevante Zeithorizont der Entscheider kürzer ist als der relevante Zeithorizont, dessen die nachhaltige Lösung eines Problems bedarf.[1]
Gegenstände wie die demografische Zeitbombe und das Ausbleiben einer adäquaten politischen Reaktion ließen sich mit Hilfe des Begriffs beschreiben: Die Statistik der Bevölkerungsentwicklung weist seit 1972 ununterbrochen Sterbeüberschüsse für Deutschland auf. Wie es an der Geburtenrate von 1,53 Kindern pro Frau offenkundig wird, schrumpft die Bevölkerung, obgleich Zuzüge diese Entwicklung partiell abmildern. Da viele Sozialstrukturen der Bundesrepublik auf generationenübergreifenden Umlagesystemen beruhen, also beispielsweise die Renten zum großen Teil über die Beschäftigung der Arbeitnehmenden finanziert werden, resultieren aus der Diskrepanz der Bevölkerungsentwicklung auch in anderen Bereichen massive Konsequenzen. Da folglich einer abnehmenden Zahl an Einzahlenden eine zunehmende Zahl von Empfangenden gegenübersteht, wäre es die Aufgabe der politisch verantwortlichen Personen, den negativen Effekten dieser Entwicklung vorausschauend und langfristig korrigierend zu begegnen. Zugleich spitzt sich diese Situation gegenwärtig noch mehr zu, weil in der Bundesrepublik in den nächsten Jahren die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen werden und sich in der Folge das Missverhältnis weiter vergrößert.
Mit der Zeitinkonsistenz versucht sich Prof. Richert der spezifischen Frage anzunähern, warum trotz der offenkundigen Evidenz und der Relevanz des Problems sich die Politik inkompetent zu dauerhaften, strukturellen Lösungen zeigt. Die zeitliche Einengung politischen Handels wird durch den Zeithorizont von Legislaturperioden nur noch vergrößert, der das Handeln politischer Amtsträger prägt und einschneidende politische Entscheidungen in dem Maße unwahrscheinlicher macht, wie die nächsten Wahltermine näher rücken. Die Zeitinkonsistenz würde in dieser Lesart ein strukturelles Defizit periodischer Legitimierung politischer Funktionsträger bezeichnen, durch das langfristige und tiefgreifende Reformen gehemmt werden. Solche und andere Verengungen des Zeithorizontes verhindern also nachhaltige Lösungsansätze der Politik.
Forschungsdaten können in unterschiedlichen Formaten vorliegen, die untereinander inkompatibel sind oder spezifischer Programme für ihre Verarbeitung bedürfen. Die Heterogenität von Forschungsdaten, also ihre Unterschiedlichkeit, führt dazu, dass sich ihre Les- und Nutzbarkeit ebenso einschränkt wie die Möglichkeiten ihrer Verwaltung und Archivierung.
Damit die großen Datenmengen aus der praxisbezogenen Forschung an Hochschulen für angewandte Wissenschaften von Akteuren unterschiedlicher Disziplinen effizient und barrierearm aber abgestimmt und zugangsberechtigt genutzt werden können, bedarf es eines gewissen Maßes an Standardisierung des Materials und seiner Archivierung. Zu diesem Zwecke gründete sich das Kompetenzcluster FDM-HAWK, welches das Forschungsdatenmanagement (FDM) an den Thüringer Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) strukturell unterstützen will. Diese Kooperation zwischen der Fachhochschule Erfurt, der Ernst-Abbe-Hochschule Jena, der Hochschule Nordhausen und der Hochschule Schmalkalden wird dabei vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert sowie von der Europäischen Union finanziert.
Zunächst geht es in dem Projekt darum, den Status quo zu eruieren und zu analysieren, welche Bedarfe es zum Thema FDM an den beteiligten Hochschulen gibt. Hierzu werden in einem ersten Schritt Modellprojekte aus den Bereichen der Ingenieur-, Natur- und Sozialwissenschaften ausgewählt und exemplarisch über die Projektlaufzeit durch Handreichungen zum Forschungsdatenmanagement begleitet. An der Hochschule Schmalkalden trägt das entsprechende Modellprojekt der Fakultät Maschinenbau den Titel: „Kunststoffverpackungen. Nachhaltige Kreislaufwirtschaft durch Künstliche Intelligenz“ und ist selbst Teil des Themenclusters „Ganzheitliche KI-basierte Optimierung von Kunststoffverpackungen mit Rezyklatanteil“ (KIOptiPack).
Ziel des FDM-HAWK-Projektes ist es, eine Supportstruktur im Bereich FDM zu entwickeln und an den Thüringer HAWs aufzubauen. Es gilt hierbei ebenso auf die lokalen Situationen und Bedürfnisse angepasste Konzepte des Forschungsdatenmanagements zu erarbeiten wie Beispiele gelungener Umsetzung zu sammeln und als „Best Practice“-Muster in die Forschungsorganisation zu implementieren. Nicht zu vergessen ist die Schaffung der technischen Infrastruktur für das FDM und die Integration in regionale und überregionale Netzwerke. Die Untersuchungen zu den Fragen Datensicherheit und -zugänglichkeit werden ebenfalls in dem Projekt betrachtet. Wenn Forschungsdaten in Folgeprojekten weitergenutzt werden sollen, braucht es hierfür Formate und Strukturen, die Weiternutzung und auch den Austausch ermöglichen und unterstützen.
Der Ansprechpartner für das Projekt an der Hochschule Schmalkalden ist Dr. Peer Fehling.
Herr Fehling ist studierter Chemiker und hat in den letzten Jahren an unterschiedlichen Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der Materialwissenschaften gearbeitet. Im Zentrum seines Interesses stehen Verbundwerkstoffe mit anorganischen und organischen Matrizes, Klebstoffe und lebensmitteltechnologische Prozesse.
„Wir möchten mit dem Projekt FDM-HAWK zusammen mit unseren Projektpartnern Voraussetzungen für ein effizientes Forschungsdatenmanagement an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften etablieren. Es geht dabei in erster Linie um eine organisierte Langzeitspeicherung der mit öffentlichen Forschungsmitteln gewonnenen Forschungsdaten. Wir reden hier über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren. Ob diese Forschungsdaten ausschließlich zur eigenen Verfügung des Forschenden archiviert oder teilweise anderen Forschenden im Rahmen von „Open Access“ zugänglich gemacht werden, entscheidet der Forschende letztlich selbst. Dafür steht ihm ein umfangreicher Pool sogenannter „Creative Common“-Lizenzen zur Verfügung. Wir möchten durch Informationsveranstaltungen und persönliche Gespräche die Forschenden an unserer Hochschule über diese Thematik informieren und für eine Zusammenarbeit gewinnen.“