Konsortialtreffen des KI-Hub Kunststoffverpackungen an der Hochschule Schmalkalden

Konsortialtreffen des KI-Hub Kunststoffverpackungen an der Hochschule Schmalkalden

Am 18. und 19. September fand an der Hochschule Schmalkalden das erste Konsortialtreffen des KI-Hub Kunststoffverpackungen statt. Das Ziel dieser interdisziplinären Forschungskooperation besteht darin, die Nachhaltigkeit von Kunststoffverpackungen effektiv zu erhöhen und deren Nutzung ressourcenschonend und im Rahmen einer Kreislaufwirtschaft zu gestalten. Neben der Angewandten Kunststofftechnik der Hochschule Schmalkalden arbeiten hier gefördert unter anderem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung 51 namhafte Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zusammen. Als Projektbeteiligter organisierte zusammen Prof. Thomas Seul mit seinem Team der Angewandten Kunststofftechnik das Konsortialtreffen an der Hochschule.

Kunststoffe und Kreisläufe

Produkte und Verpackungen aus Kunststoff sind aus unseren Haushalten und aus unserem täglichen Gebrauch kaum mehr wegzudenken. Die Vorteile dieses Materials sind dabei vielfältig: Neben der Plastizität, die eine Vielfältigkeit der Form- und Farbgebung zulässt, sind hier die funktionalen und hygienischen Qualitäten einschlägig. Doch zugleich entstehen durch die Verbreitung des Kunststoffs und seine Langlebigkeit auch Probleme, wie wir an der zunehmenden Menge an Abfällen und gelben Säcken auch im Alltag merken. Dabei stellt sich die Herausforderung eines möglichst nachhaltigen Gebrauchs auf verschiedenen Ebenen, die zugleich unterschiedliche Problemlösungsansätze erfordern.

Eindrücke vom Empfang

Um die Ressource Kunststoff speziell in seiner Funktion als Verpackungsmaterial optimal und möglichst ökologieeffizient nutzen können, gilt es sowohl am Anfang wie dem Ende des Zyklus einer Kunststoffverpackung anzusetzen. Neben Aspekten des Materials und des Produktdesigns stehen die Bedingungen der Wiederaufbereitung im Fokus. Das übergeordnete Ziel besteht in der Etablierung einer Kreislaufwirtschaft, die den Kunststoff vollumfänglich nutzt und keine Ressourcen verschwendet, also die Wertschöpfungskette von Kunststoffverpackungen so weit wie möglich zu schließen und die Produktion von Treibhausgasen zu minimieren. Um die Quote der Wiederverwertung zu maximieren muss neben der Aufbereitung der Kunststoffe bereits bei der Produktion der Verpackungsmaterialien angesetzt werden.

Innovationslabore

Kurz gefasst geht es dem KI-Hub einerseits darum, wie wir Kunststoffe ausgerichtet auf ihre Wiederverwertbarkeit als Verpackungen fertigen und verwenden müssen: Welcher Kunststoff lässt sich zum Beispiel wie am besten recyclen, welches Material eignet sich in welcher Dosierung für welches Produkt, und welche Anforderungen haben die Partner der Industrie? Andererseits geht es um die Frage der Optimierung des eigentlichen Recyclings, das von Organisation und Logistik der Abfallwirtschaft bis hin zur Sortierung und Verarbeitung mit Hilfe künstlicher Intelligenz reicht. Das KI-Hub selbst gliedert sich in die beiden Innovationslabore KIOpti-Pack (Design und Produktion) und K3I-Cycling (Kreislaufschließung) in zwei eigenständige Konsortien mit je eigenen Profilen und Forschungsschwerpunkten, die im KI-Hub kooperieren.

Im Innovationslabor KIOptiPack stand unter anderem die Frage im Fokus, wie Kunststoffe gefertigt werden können, die sich maximal weiternutzen lassen. Welche Qualitäten müssen Rezyklate, also wiederaufbereitete Kunststoffe, aufweisen, um für sensible Bereiche der Verpackung – wie zum Beispiel von Lebensmitteln – verwandt werden zu können? Was sind die Eigenschaften der Polymere und wie lassen sich diese im Hinblick auf die Wiederverwertung optimieren? Ein Problem unter vielen ist hierbei die Bedruckung von Folien: Welche Folgen haben die Aufbringung von Farben auf die Materialien und speziell für die Weiterverarbeitung? Aber auch die negativen Effekte spezifischer Geruchsbilder von Kunststoffen und Rezyklaten auf Konsument:innen und deren Akzeptanz stehen im Fokus. Kurzum ist das Ziel, den Anteil der Rezyklat-Polymere in Produkten zu erhöhen, wofür Fragen der Qualität und Quantität, der nötigen Reinheit und Kontamination für verschiedene Verwendungs- und Produktionsweisen zu klären sind.

Gespräche im Foyer

Das zweite Innovationslabor, K3I-Cycling, richtete den Blick auf das Ende des Kreislaufs, und damit im Sinne des Zirkels auf den reibungslosen Beginn der neuen Phase. Wie das andere Innovationslabor gliedert sich dieses Konsortium in verschiedene Themenfelder und Probleme, die in unterschiedlichen Paketen zusammengefasst werden. Ein Schwerpunkt liegt in der Sortierung und dessen Optimierung mit Hilfe künstlicher neuronaler Netzwerke. Der Vorteile dieser Technologien ist die sich selbst steuernde Erfassung, die flexibel auf Daten- und Materialflüsse reagiert. Ein Ziel ist es, die Prozesse nicht nur retrospektiv zu begleiten, sondern prospektiv valide Prognosen vornehmen zu können und so die Organisation der nachhaltigen Verarbeitung zu optimieren. Ein Ansatz ist hier das Deep Learning, dessen Potentiale sich anhand von Tools wie ChatGPT bereits ahnen lassen. Die Frage ist hier nicht nur, wo die Reise der technischen Entwicklung hingeht, sondern auch, wie sich die Potentiale effektiv in Anwendungen einbinden und nutzen lassen.

Das Konsortialtreffen

So kamen etwa 150 Teilnehmer, bestehend aus dem Konsortium, Beirat sowie Projektträger im spätsommerlichen Schmalkalden zusammen. Neben den Vorstellungen der Projekte, der Projektstände und einzelnen Vorträgen lag das Hauptaugenmerk auf verschiedenen Workshops, die zu unterschiedlichen Themen stattfanden. Die Teilnehmenden diskutierten hier Fragen unter anderem des effizienten Einsatzes von KI über den Daten- und Materialfluss bis hin zu Fragen ethischer und datenschutzzentrierter Horizonte. Ein Workshop untergliederte den Kreislauf der Wertschöpfungskette des Kunststoffs in verschiedene Stationen auf und wollte von den Teilnehmenden in Erfahrung bringen, wie sich die Übergänge zwischen den verschiedenen Stationen optimal ausnehmen würden bzw. wo die kritischen Punkte liegen. Auch wenn die Forschung hier noch am Anfang steht, ließe sich so ein ideales Optimum des Kreislaufs eruieren, dass die Reibungsverluste zwischen verschiedenen Stadien minimiert.

Disksussion im Workshop

Ein ebensolcher übergeordneter, rahmender Bezugspunkt wurde auch von einem Vortrag über die Kriterien der Nachhaltigkeitsbewertung und des Life Cycle aufgegriffen: Nachhaltigkeit ist ein normatives und komplexes Ziel, gegenüber dessen multiplen, teils divergierenden Ansprüchen sich Forschende bewusst verhalten müssen. Anders gesagt ist Nachhaltigkeit kein analytisches Konzept, dessen Definition schon im Sinne eines standardisierten Wertes feststünde, sondern ein offener Begriff, der auf verschiedenen Ebenen arbeitet und zugleich eine Positionierung der Bewertung und reflexiven Abwägung von den Akteuren verlangt. Um mit dem Begriff und den Anforderungen zwischen Ökologie, Ökonomie und gesellschaftlichem Kontext produktiv umgehen zu können, ist diese Rückversicherung und Zieljustierung sinnfällig.

Die Tagung diente neben der Sacharbeit auch dem Kennenlernen sowie der internen Vernetzung der verschiedenen beteiligten Personen. Gelegenheiten zum Austausch bot sich nicht nur in den Pausen und Workshops, sondern auch im Rahmen eines gemeinsamen Austauschs im Netzwerk in der Viba-Nougatwelt. Am Ende der Tagung wurden die Ergebnisse der Workshops präsentiert und die beiden Tage produktiv mit einigen Antworten und vielen neuen Fragen abgeschlossen.

Die Anwendung im Blick. Über Forschungsprojekte von Andreas Wenzel

Die Anwendung im Blick. Über Forschungsprojekte von Andreas Wenzel

Professor Andreas Wenzel hat die Professur für Technische Informatik/Eingebettete Systeme an der Fakultät Elektrotechnik der HSM inne. Zusammen mit seinem Team der Forschungsgruppe Eingebettete Diagnosesysteme sucht er nach praktischen Lösungen für unterschiedliche Anwendungsfelder und Fragestellungen, zum Beispiel: Welche Genauigkeit benötigt ein drahtloses Indoor-Lokalisierungssystem für den Einsatz für mobile Robotik-Anwendung? Wie lässt sich eine digitales Werkzeugbegleitbuch mit Bedienungsanleitung und Montagevideos an Werkzeugformen integrieren und im Gebrauch am besten nutzen? Welche KI-Methoden und Algorithmen sind für maschinelle Bewertung der Produktionsqualität aus Prozessdaten besonders geeignet? 

Eine weitere Aufgabe, der sich das Team um Professor Wenzel in den Forschungsprojekten „Powermoduls“ und „WASABI“ in Kooperation mit der Fakultät für den Maschinenbau widmete, war die Optimierung von Spritzgussverfahren mit Hilfe eines integrierten Diagnosesystems: Lassen sich beim Herstellungsprozess bereits Daten erheben, welche die Güte des gefertigten Produkts prognostizieren können? Dies wäre ein Weg, bereits zu Beginn Fehlproduktionen zu vermeiden. Gerade weil in nahezu vollautomatisierten Produktionsprozessen weniger menschliche Handarbeit als vielmehr die Überwachung und Qualitätskontrolle der Produktion zur Optimierung gefragt ist, macht dieser Ansatz auch für die Industrie Sinn.

Zunächst galt es hierfür die messbaren Faktoren und Parameter im Prozess der Produktion auszumachen, welche für die Qualität des hergestellten Produkts entscheidend sind bzw. diese mittelbar beeinflussen. Neben dem Aspekt der sensiblen Detektion relevanter Sensordaten bestand die Herausforderung darin, die großen Mengen an Daten zu verarbeiten. Ein Mittel hierzu sind KI-unterstützte Verarbeitungsverfahren, also spezifischer Algorithmen, mit deren Hilfe die Daten geordnet, Muster erkannt und belastbare, relevante Informationen von anderen getrennt werden können. Zuletzt war die Ausgabe an die für die Produktion verantwortliche Person zu bedenken: Welche Informationen über die Entscheidung der KI mussten mitgeliefert werden, und in welchem Format? Welche Maßnahme kann der Prozessbediener im laufenden Prozess anpassen, um Fehlproduktionen zu vermeiden?

Die Tonalität von Klingen

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt der vergangenen Jahre waren die  Projekte „EMIL“ und „SMoSys“, wobei ersteres zusammen mit Prof. Beneke von der Fakultät Maschinenbau, Class und der Universität Kassel durchgeführt wurde. In SMoSys wurde dies dann im Verbund mit der Uni Kassel, der Uni Göttingen und Class weiterentwickelt. Hier waren für die technischen Lösungen eine Kombination aus Zugängen der klassischen Ingenieurswissenschaft und der Datenverarbeitung mit künstlichen neuronalen Netzwerken notwendig. Eines der größeren Verschleißteile von Landmaschinen wie Feldhäckslern sind die Klingen, mit denen die Agrargüter wie Mais geschnitten werden. Bedingt durch den Zeitdruck der Ernte  müssen verschiedenen Wartungsprozesse auch kostenoptimiert gestaltet werden. Ein solcher Aspekt ist auch das Schleifen der Messer. Beide Forschungsvorhaben haben sowohl mit den Verschleiß, sowie mit der Prognose des Messerzustandes in realen Messumgebungen beschäftigt.

Fragen wie: „Wie lässt sich die Schärfe der Messer bestimmen?“ haben die beteiligten Forschungsgruppen natürlich auch beschäftigt. Hierfür wären allerlei technische Instrumente denkbar, die zwar eine Messung erlauben, aber zugleich mit einem hohen Aufwand verbunden wären. Im Rahmen des Projekts konnte zusätzlich ein praktikabler Ansatz, welcher auf bereits bestehende Gegebenheiten zurückgreift und in ihrem Aufwand minimal bleibt, erarbeitet werden. Professor Wenzel und sein Team griffen hierfür auf bereits integrierte Sensoren im Feldhäcksler zurück, welche die Schwingungen in der Nähe der Schneiden erfassen können. Wenn diese Schwingungen Auskunft über den Zustand der Klingen geben, könnte diese auch für die Entwicklung eines automatisiertes Monitoringsystems genutzt werden. Zuletzt war es wiederum die Aufgabe, aus den Daten eben jene belastbaren Signale und Muster zu extrahieren, an denen der Verschleiß der Klingen ablesbar war.

Professor Wenzel und sein Team befassen sich im Bereich der Landwirtschaft neben der Klingenschärfe der Feldhäcksler auch mit der Kartierung von Räumen für das autonome Fahren von landwirtschaftlichen Maschinen. Diese Aufgabe, die vor der Herausforderung einer eher rauen Umgebung steht, dient nicht zuletzt der optimalen Nutzung der natürlichen Ressourcen, zusätzlich werden auch Themenaspekte der Nachhaltigkeit behandelt. Für das Erkennen von Innovationspotenzialen und den Einsatz von KI-Algorithmen und eingebetteten Systemen sind intelligente Methoden sowie unterstützendes Know-how aus Sensorik, Prozessverständnis und praxisnahen Anwendungen für die Entwicklung von Lösungsansätzen für Industrie sowie Wissenschaft und Forschung von essentieller Bedeutung.