Tickt die GenZ anders? Eine empirische Überprüfung generationaler Unterschiede

Tickt die GenZ anders? Eine empirische Überprüfung generationaler Unterschiede

Seit ein paar Jahren mehren sich journalistische Beiträge, in denen vermeintliche Defizite der GenZ, von allgemeinen Wertvorstellungen bis hin zur spezifischen Arbeitsmoral, aufgegriffen werden. Personen dieser Alterskohorte, ungefähr die Geburtsjahre von 1995 bis 2010, werden Bequemlichkeit, Freizeitorientierung und unter anderem fehlender Ehrgeiz vorgeworfen. Der Frage, wie sich die Einstellungen der GenZ zur Arbeit und ihre Ansprüche an ihre Arbeitsverhältnisse von jenen vorheriger Generationen unterscheiden und ob diese Abweichungen einer wissenschaftlichen Überprüfung standhalten, ist eine offene Frage der Forschung. Professorin Katharina Sachse ist dieser in Zusammenarbeit mit Claus-Peter Heinrich, Silke F. Heiss und Sandra Sülzenbrück im Rahmen einer jüngst veröffentlichten Studie mit dem Titel „Arbeitgeberattraktivität aus Sicht der Generationen. Einigkeit statt Unterschiede“ nachgegangen.

Der Begriff „Generation“ ist unscharf und wird in Wissenschaft und Alltag unterschiedlich genutzt. Viele Menschen fühlen sich zwar einer Generation zugehörig, doch bleibt unklar, wodurch diese Einheit eigentlich zusammengehalten wird.

Der Jugendforscher Jürgen Zinnecker unterscheidet drei Perspektiven:

  1. Geburtskohorten – Menschen, die im gleichen Zeitraum geboren wurden.
  2. Lebensabschnitte – etwa Großeltern, Eltern und Kinder, die durch unterschiedliche Lebenssituationen geprägt sind.
  3. Zeitgeschichtliche Ereignisse – prägende Momente wie 9/11 oder die Einführung des iPhones.

Alle drei Ansätze zeigen, dass „Generation“ Unterschiedliches meinen kann. Letztlich sollte man den Generationenbegriff nicht als feste Grenze verstehen, sondern als Hilfsmittel, um Veränderungen zwischen Gruppen sichtbar zu machen.

Wichtig ist, dass verschiedene Disziplinen den Begriff unterschiedlich verwenden: Pädagogik, Soziologie oder Geschichtswissenschaft setzen jeweils eigene Akzente. Nützlich bleibt der Begriff vor allem, um Selbst- und Fremdverortungen von Menschen in ihrer Zeit zu beschreiben. In den Personalabteilungen von Unternehmen werden mitunter Generationenzuordnungen genutzt, um spezifische Personalmaßnahmen daran auszurichten. Die Wirtschaftspsychologie beleuchtet wissenschaftlich, wie Mitarbeitende gewonnen und gehalten werden können, und untersucht dabei auch, ob sich die oft diskutierten Unterschiede zwischen Generationen – etwa bei der GenZ – tatsächlich nachweisen lassen.

GenZ: Zwischen Krisen und Kritik

Und schon sind wir bei der GenZ, deren Jugend bzw. junges Erwachsenenleben vor allem von Krisen geprägt war, angefangen bei der Euro-Krise und der „Flüchtlings“-Krise bis zur Pandemie und ihren Folgen und schließlich der Ukraine-„Krise“. (Vgl. Katharina Sache et al., Arbeitgeberattraktivität aus Sicht der Generationen. Einigkeit statt Unterschiede, Berlin 2025, S.12) Die zunehmende Digitalisierung des Alltags, des Soziallebens und der Kommunikation sollte sich zudem auf Weltverständnis und -verhältnis dieser Generation auswirken. Auch wenn also die Kindheit und Jugend der GenZ von besonderen Umständen geprägt wurde und bestimmte Effekte auf diese Generation mithin plausibel sind, geht die eingangs notierte Kritik an der Arbeitsmoral dieser Generation weniger von weichen Einstellungsvarianzen als von festen, greifbaren Unterschieden im Wertesystem der GenZ aus, die diese von anderen Kohorten trenne. Der Generationsbegriff dient hier nicht im Sinne einer Auslotung von weichen Einstellungsunterschieden, sondern als Zuschreibung fassbarer, übergreifender Wesensmerkmale einer Altersgruppe.

Die Kritik zielt vornehmlich auf den Themenbereich der Arbeit, und lässt sich in die individuelle Arbeitsmoral und die Ansprüche der betroffenen Personen an ihre Arbeitgeber unterscheiden. Als Beispiele: Die WirtschaftsWoche titelt, die GenZ wäre lieber arbeitslos als unglücklich. Deutschlandfunk Nova konstatiert eine hohe Bereitschaft zum Arbeitsstellen- bzw. Arbeitgeberwechsel, RP online fragt nach einer allzu hohen Sensibilität im Berufsleben. Im Presseportal ist von immensen Gehaltsvorstellungen der GenZ zu lesen, der Focus sieht eine mangelnde Bereitschaft zu Überstunden. Prominent äußerte der ZDF-Moderator Lanz eine Kritik an den postmateriellen Werten der GenZ und ihrer Suche nach der idealen Work-Life-Balance. Neben Artikeln und Büchern über die GenZ gibt es zahlreiche Videos auf Plattformen wie YouTube. Abseits von kritischen Impulsen stehen oftmals Beratungsangebote an Unternehmen und Personalverantwortliche im Fokus.

Die evidenzbasierte Überprüfung

Nicht nur stellt sich die Frage, ob diese Beschreibungen der Generation Z überhaupt zutreffen, sondern auch, ob die normativen Veränderungen zum Beispiel der Anspruchshaltungen einer Work-Life-Balance ein auf diese Generation begrenzter Effekt sind, oder doch eher eine alle Generationen umfassende sozio-kulturelle Verschiebung im Sinne des Zeitgeistes markieren. In einer empirischen Studie ist die Forschungsgruppe um Katharina Sachse der Frage nachgegangen, ob die behaupteten Unterschiede zwischen den Generationen einer Überprüfung standhalten.

Gemäß einer populären Unterscheidung der Generationen in Kohorten lassen sich Baby Boomer, die Generation X, Y (Millenials) und Z trennen und durch mehr oder weniger grobe Zuschreibungen charakterisieren. Aus Sicht von Unternehmen, die sich in einem immer umkämpfteren Wettbewerb um Fachkräfte wähnen, sind diese Profile von Bedeutung, lassen sich doch vermeintlich durch ihre Berücksichtigung Rekrutierungschancen maximieren und Fluktuationsrisiken minimieren. Aus der Vermutung, Sicherheit wäre für die Motivation älterer Mitarbeitender, Selbstverwirklichung im Beruf für jene jüngerer Generationen wichtig, könnten maßgeschneiderte Ausschreibungsprofile und Jobkonditionen generiert werden. (Vgl. Sachse et al. 2025, S.09f.)

Die Frage ist nun, ob die grundlegende These einer greifbaren Unterschiedlichkeit der Generationen und ihrer Gewichtung von Faktoren der Arbeitgeberattraktivität überhaupt zutrifft. Die Forschungslage zur GenZ ist noch dünn, weil es allein deshalb noch kaum belastbare Studien geben kann, weil die GenZ erst in jüngerer Zeit den Arbeitsmarkt betritt und Erfahrungen sammeln kann. Internationale Studien, die ihren Fokus generell auf Generationenunterschiede legen, haben bisher keine gravierenden Unterschiede zwischen den Generationen feststellen können. (Vgl. Sachse et al. 2025, S. 17f.)

Das Ziel der Studie von Professorin Sachse und ihrem Forschungsteam war einerseits, eine empirische Studie am Beispiel Deutschlands zu liefern, und zudem einen Fokus auf die Einstellungen gegenüber den Arbeitgebern bereitzustellen.[1] Die Auswertung der Umfrage konnte auf Daten von 1133 berufstätigen Personen zurückgreifen, wobei alle Generationen quantitativ ungefähr gleich vertreten waren.

Die Befragung ging in 68 Items entlang von 19 Dimensionen unterschiedlichen Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren nach. Eine regressionsanalytische Auswertung der Daten ergab, dass sowohl instrumentelle (Einkommen, Sicherheit, Benefits u.a.) als auch symbolische Merkmale (soziale und altruistische Werte sowie Status, also Prestige und Autorität u.a.) für die Arbeitgeberattraktivität relevant sind. Die Gewichtung der Faktoren unterscheidet sich dabei nicht bedeutsam zwischen den Generationen. Vor allem bei den wichtigsten Merkmalen wie Identifikation mit dem Arbeitgeber, Führung und Arbeitsaufgaben gibt es keine Unterschiede zwischen den Generationen – für alle sind diese gleich relevant. Kurzum lässt sich der Bruch zwischen den Generationen und eine distinkte Eigenart der GenZ in ihren Arbeitswerten und Erwartungen empirisch nicht bestätigen.

Fazit: Eine unnötige Polarisierung

Das heißt nicht, dass sich die Attraktivitätsfaktoren über die Zeit nicht verändern würden. Hierfür scheint aber eher ein Zeitgeisteffekt ausschlaggebend, der sui generis alle Generationen anbetrifft. So stellte eine andere Untersuchung fest, dass sich die Präferenzen zur Länge der Arbeitszeit im Allgemeinen geändert haben – auch die Babyboomer achten heute mehr auf Work-Life-Balance als früher.

Ein Zuschnitt der Rekrutierung auf die Generation Z ist demgemäß unnötig. Mitarbeitenden in allen Berufslebensphasen – vom Jobeinstieg bis zum Übergang in die Rentenzeit – sollten Arbeitsbedingungen geboten werden, die zu ihren Bedürfnissen passen. Dazu gehören eine gute Führung, sinnvolle Tätigkeiten, angemessene Entlohnung sowie Arbeitsaufgaben, bei denen die eigenen Kompetenzen genutzt und erweitert werden können.

Es lässt sich festhalten, dass es zwar einzelne generationale Varianzen gibt, diese sind aber nur minimal. Unter anderem die Veränderungen des Zeitgeistes und die genuinen Effekte von Lebensabschnitten sind bei Vergleichen von Generationen stets mitzubedenken. Die GenZ befindet sich am Beginn ihres Berufslebens in einer Orientierungsphase, in der sie verschiedene Erfahrungen sammeln muss, um den passenden Arbeitgeber und Berufsweg zu finden[2]. Allein dadurch lassen sich Unterschiede zu den Mitgliedern älterer Generationen am Arbeitsmarkt erklären.

Dem Begriff der Generation fehlt es neben einer konzeptionellen Schärfe auch an einem empirischen Profil, das sich anhand konkreter Beobachtung bestätigen ließe: Zwar lassen sich zwischen Generationen einzelne Unterschiede auch in der Attraktivität der Arbeitgeberfaktoren und Arbeitswerte ausmachen, diese sind aber zu gering, um als Scheidelinie zwischen den Generationen dienen zu können. Die Arbeitswerte der Generationen liegen trotz einer gewissen Varianz nahe beieinander. Kurzum: Die GenZ tickt nicht anders.


[1] Die Anlage von Studien hat notwendigerweise Auswirkungen auf die eröffnete Perspektive: In einer Querschnittsstudie, in der alle Personen zu einem Zeitpunkt befragt werden, können zwar alle Generationen abgebildet werden, gleichzeitig kann die Generation nicht vom Lebensabschnitt getrennt werden. Zum Befragungszeitpunkt befinden sich alle Mitglieder einer Generation auch im selben Alter und damit in derselben Lebensphase. Eventuell identifizierte Unterschiede zwischen den Generationen können somit auch durch Alters- bzw. Lebensphaseneffekte zustande kommen.

[2] Es lassen sich die Phasen der Exploration, der Etablierung, der Erhaltung und des Rückzugs trennen, wobei jede eigenen Logiken und Präferenzen unterworfen ist.  (Vg. Sachse et al. 2025, S. 16)